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ZEHNTES KAPITEL

Die Füllen des Absoluten

Text

śrī-bhagavān uvāca
bhūya eva mahā-bāho
śṛṇu me paramaṁ vacaḥ
yat te ’haṁ prīyamāṇāya
vakṣyāmi hita-kāmyayā

Synonyms

śrī-bhagavān uvāca — die Höchste Persönlichkeit Gottes sprach; bhūyaḥ — wieder; eva — gewiß; mahā-bāho — o Starkarmiger; śṛṇu — höre nur; me — Meine; paramam — höchste; vacaḥ — Anweisung; yat — das, was; te — dir; aham — Ich; prīyamāṇāya — dich für Meinen geliebten Freund haltend; vakṣyāmi — spreche; hita-kāmyayā — zu deinem Nutzen.

Translation

Die Höchste Persönlichkeit Gottes sprach: Höre weiter, o starkarmiger Arjuna. Weil du Mein geliebter Freund bist, werde Ich zu deinem Nutzen weitersprechen und dir Wissen offenbaren, das alles bisher Gesagte übertrifft.

Purport

ERLÄUTERUNG: Das Wort bhagavān wird von Parāśara Muni folgendermaßen erklärt: Jemand, der sechs Füllen in Vollkommenheit besitzt, nämlich vollkommene Kraft, vollkommenen Ruhm, vollkommenen Reichtum, vollkommenes Wissen, vollkommene Schönheit und vollkommene Entsagung, ist Bhagavān, die Höchste Persönlichkeit Gottes. Als Kṛṣṇa auf der Erde gegenwärtig war, entfaltete Er alle sechs Füllen. Deshalb haben große Weise wie Parāśara Muni Kṛṣṇa einstimmig als die Höchste Persönlichkeit Gottes anerkannt. Jetzt unterweist Kṛṣṇa Arjuna in noch vertraulicherem Wissen über Seine Füllen und Seine Schöpfung. Zuvor, angefangen mit dem Siebten Kapitel, hat der Herr bereits Seine verschiedenen Energien und ihre Wirkungsweise erklärt. In diesem Kapitel nun beschreibt Er Arjuna Seine einzelnen Füllen. Im vorangegangenen Kapitel hat Er Seine verschiedenen Energien erklärt, damit die Hingabe Seines Geweihten auf fester Überzeugung gründet, und im vorliegenden Kapitel unterweist Er Arjuna erneut über Seine Manifestationen und Seine verschiedenen Füllen.

Je mehr man über den Höchsten Gott hört, desto mehr wird man im hingebungsvollen Dienst gefestigt. Man sollte immer in der Gemeinschaft von Gottgeweihten über den Herrn hören; dann wird man im hingebungsvollen Dienst Fortschritt machen. Gespräche in der Gemeinschaft von Gottgeweihten können nur unter denjenigen stattfinden, die wirklich bestrebt sind, Kṛṣṇa-bewußt zu werden. Andere können nicht an solchen Gesprächen teilnehmen. Der Herr gibt Arjuna eindeutig zu verstehen, daß dieses Gespräch zu seinem Nutzen stattfindet, da Arjuna Ihm sehr lieb ist.

Text

na me viduḥ sura-gaṇāḥ
prabhavaṁ na maharṣayaḥ
aham ādir hi devānāṁ
maharṣīṇāṁ ca sarvaśaḥ

Synonyms

na — niemals; me — Mein; viduḥ — wisse; sura-gaṇāḥ — die Halbgötter; prabhavam — Ursprung, Füllen; na — niemals; mahā-ṛṣayaḥ — große Weise; aham — Ich bin; ādiḥ — der Ursprung; hi — gewiß; devānām — der Halbgötter; mahā-ṛṣīṇām — der großen Weisen; ca — auch; sarvaśaḥ — in jeder Hinsicht.

Translation

Weder die Scharen der Halbgötter noch die großen Weisen kennen Meinen Ursprung und Meine Füllen, denn Ich bin in jeder Hinsicht der Ursprung der Halbgötter und Weisen.

Purport

ERLÄUTERUNG: Wie es in der Brahma-saṁhitā heißt, ist Śrī Kṛṣṇa der Höchste Herr. Niemand ist größer als Er. Er ist die Ursache aller Ursachen. Hier nun bestätigt der Herr persönlich, daß Er der Ursprung aller Halbgötter und Weisen ist. Selbst die Halbgötter und großen Weisen können Kṛṣṇa nicht verstehen; sie können weder Seinen Namen noch Seine Persönlichkeit verstehen; wie sollte dies also für Gelehrte unseres winzigen Planeten möglich sein? Niemand kann verstehen, warum der Höchste Gott als gewöhnlicher Mensch auf die Erde kommt und solch wunderbare, ungewöhnliche Taten vollbringt. Gelehrsamkeit ist also nicht die notwendige Qualifikation, um Kṛṣṇa zu verstehen. Selbst die Halbgötter und die großen Weisen haben versucht, Kṛṣṇa durch gedankliche Spekulation zu verstehen, aber es ist ihnen nicht gelungen. Auch im Śrīmad-Bhāgavatam wird klar gesagt, daß nicht einmal die großen Halbgötter imstande sind, die Höchste Persönlichkeit Gottes zu verstehen. Sie können spekulieren, soweit ihre begrenzten, unvollkommenen Sinne es erlauben, und können vielleicht zur negativen Schlußfolgerung der Unpersönlichkeitslehre gelangen, zur Erkenntnis von etwas, das nicht eine Manifestation der drei Erscheinungsweisen der materiellen Natur ist, oder sie können sich aufgrund mentaler Spekulation irgendetwas vorstellen, aber es wird ihnen nicht möglich sein, durch solch törichte Spekulationen Kṛṣṇa zu verstehen.

Hier sagt der Herr indirekt zu jedem, der die Absolute Wahrheit kennen möchte: „Hier bin Ich, die Höchste Persönlichkeit Gottes. Ich bin der Höchste.“ Dies sollte man wissen. Obwohl man den unbegreiflichen Herrn, der persönlich gegenwärtig ist, nicht verstehen kann, existiert Er dennoch. Eigentlich können wir Kṛṣṇa, der ewig, voller Glückseligkeit und voller Wissen ist, einfach durch das Studium Seiner Worte in der Bhagavad-gītā und im Śrīmad-Bhāgavatam verstehen. Zu der Auffassung, daß Gott eine beherrschende Macht oder das unpersönliche Brahman sei, können Menschen gelangen, die unter dem Einfluß der niederen Energie des Herrn stehen, doch die Persönlichkeit Gottes kann man nur verstehen, wenn man sich auf der transzendentalen Ebene befindet.

Weil die meisten Menschen Kṛṣṇas wahres Wesen nicht verstehen können, steigt Er aus Seiner grundlosen Barmherzigkeit herab, um solchen Spekulanten Seine Gunst zu erweisen. Doch trotz der ungewöhnlichen Taten des Höchsten Herrn denken diese Spekulanten aufgrund ihrer Verunreinigung durch die materielle Energie immer noch, das unpersönliche Brahman sei das Höchste. Nur die Gottgeweihten, die dem Höchsten Herrn völlig ergeben sind, können durch Seine Gnade verstehen, daß Er Kṛṣṇa ist. Die Gottgeweihten kümmern sich nicht um die unpersönliche Brahman-Auffassung von Gott; ihr Glauben und ihre Hingabe führen dazu, daß sie sich sogleich dem Höchsten Herrn ergeben, und durch die grundlose Barmherzigkeit Kṛṣṇas können sie Kṛṣṇa verstehen. Niemand sonst kann Ihn verstehen. Selbst große Weise stimmen in dieser Frage überein: Was ist ātmā, was ist der Höchste? Es ist derjenige, den wir verehren müssen.

Text

yo mām ajam anādiṁ ca
vetti loka-maheśvaram
asammūḍhaḥ sa martyeṣu
sarva-pāpaiḥ pramucyate

Synonyms

yaḥ — jeder, der; mām — Mich; ajam — ungeboren; anādim — ohne Anfang; ca — auch; vetti — kennt; loka — der Planeten; mahā-īśvaram — der höchste Meister; asammūḍhaḥ — frei von Täuschung; saḥ — er; martyeṣu — unter denjenigen, die dem Tod unterworfen sind; sarva-pāpaiḥ — von allen sündhaften Reaktionen; pramucyate — ist befreit.

Translation

Nur derjenige unter den Menschen, der frei von Täuschung ist und Mich als den Ungeborenen, den Anfanglosen und den Höchsten Herrn aller Welten kennt, ist von allen Sünden befreit.

Purport

ERLÄUTERUNG: Im Siebten Kapitel der Bhagavad-gītā (7.3) heißt es: manuṣyāṇām sahasreṣu kaścid yatati siddhaye. Diejenigen, die versuchen, sich zur Ebene spiritueller Verwirklichung zu erheben, sind keine gewöhnlichen Menschen; sie stehen höher als Millionen und Abermillionen von gewöhnlichen Menschen, die kein Wissen über spirituelle Verwirklichung haben. Doch von denjenigen, die tatsächlich versuchen, ihr spirituelles Wesen zu verstehen, ist derjenige, der versteht, daß Kṛṣṇa die Höchste Persönlichkeit Gottes, der Besitzer von allem und der Ungeborene ist, der Erfolgreichste in spiritueller Verwirklichung. Nur auf dieser Stufe, wenn man Kṛṣṇas höchste Stellung völlig verstanden hat, kann man von allen sündhaften Reaktionen frei sein.

Hier wird der Herr mit dem Wort aja, „der Ungeborene“, beschrieben, doch Er unterscheidet Sich von den Lebewesen, die im Zweiten Kapitel mit dem Wort aja beschrieben werden. Es besteht ein Unterschied zwischen dem Herrn und den Lebewesen, die aufgrund materieller Anhaftung geboren werden und sterben. Die bedingten Seelen wechseln ihren Körper, Sein Körper hingegen ist unveränderlich. Selbst wenn Er in die materielle Welt herabsteigt, bleibt Er der gleiche Ungeborene; deshalb heißt es im Vierten Kapitel, daß der Herr aufgrund Seiner inneren Kraft nicht der niederen, materiellen Energie untergeordnet ist, sondern Sich immer in der höheren Energie befindet.

Wie die Worte vetti loka-maheśvaram in diesem Vers andeuten, sollte man sich darüber bewußt sein, daß Śrī Kṛṣṇa der höchste Besitzer aller Planetensysteme des Universums ist. Er existierte vor der Schöpfung, und Er ist von Seiner Schöpfung verschieden. Alle Halbgötter wurden innerhalb der materiellen Welt erschaffen, doch was Kṛṣṇa betrifft, so heißt es, daß Er nicht erschaffen wurde; deshalb unterscheidet Sich Kṛṣṇa sogar von großen Halbgöttern wie Brahmā und Śiva. Und weil Er der Schöpfer Brahmās, Śivas und aller anderen Halbgötter ist, ist Er die Höchste Person aller Planeten.

Folglich ist Śrī Kṛṣṇa von allem Erschaffenen verschieden, und jeder, der Ihn als solchen kennt, wird sogleich von allen sündhaften Reaktionen befreit. Man muß von allen sündhaften Tätigkeiten befreit sein, um Wissen über den Höchsten Herrn zu haben. Wie es in der Bhagavad- gītā heißt, kann Er nur durch hingebungsvollen Dienst, und durch kein anderes Mittel, erkannt werden.

Man sollte nicht versuchen, Kṛṣṇa als einen Menschen zu sehen. Wie zuvor erklärt wurde, hält Ihn nur ein Narr für einen gewöhnlichen Menschen. Das gleiche wird hier nochmals in anderer Form ausgedrückt. Jemand, der im Gegensatz zum Narren intelligent genug ist, um die wesensgemäße Stellung Gottes zu verstehen, ist stets von allen sündhaften Reaktionen frei.

Wie kann Kṛṣṇa, der als der Sohn Devakīs bekannt ist, ungeboren sein? Auch dies wird im Śrīmad-Bhāgavatam erklärt: Als Er vor Devakī und Vasudeva erschien, wurde Er nicht als ein gewöhnliches Kind geboren; Er erschien in Seiner ursprünglichen Gestalt, und dann nahm Er die Gestalt eines gewöhnlichen Kindes an.

Alles, was unter Kṛṣṇas Führung getan wird, ist transzendental. Es kann nicht durch materielle Reaktionen verunreinigt werden, mögen diese nun glückverheißend oder unglückverheißend sein. Die Auffassung, daß es in der materiellen Welt glückverheißende und unglückverheißende Dinge gibt, entspringt mehr oder weniger der Einbildung, denn in der materiellen Welt gibt es nichts Glückverheißendes. Alles ist unglückverheißend, weil die materielle Natur an sich unglückverheißend ist. Wir bilden uns lediglich ein, sie sei glückverheißend. Wahres Glück ist von Tätigkeiten im Kṛṣṇa-Bewußtsein abhängig, die in völliger Hingabe und Dienstbereitschaft ausgeführt werden. Wenn wir tatsächlich den Wunsch haben, daß unsere Tätigkeiten glückverheißend sind, sollten wir nach den Anweisungen des Höchsten Herrn handeln. Solche Anweisungen findet man in maßgebenden Schriften wie dem Śrīmad- Bhāgavatam und der Bhagavad-gītā, oder man empfängt sie von einem echten spirituellen Meister. Weil der spirituelle Meister der Stellvertreter des Höchsten Herrn ist, ist seine Unterweisung unmittelbar die Unterweisung des Höchsten Herrn. Der spirituelle Meister, die Heiligen und die Schriften geben die gleichen Unterweisungen. Zwischen diesen drei Quellen gibt es keinen Widerspruch. Handlungen, die unter solcher Leitung ausgeführt werden, sind frei von den Reaktionen, die auf alle Handlungen in der materiellen Welt folgen, sowohl auf fromme als auch auf gottlose. Die transzendentale Haltung des Gottgeweihten bei der Ausführung von Tätigkeiten ist die der Entsagung, und das nennt man sannyāsa. Wie es im ersten Vers des Sechsten Kapitels der Bhagavad-gītā heißt, besteht echte Entsagung darin, daß man aus Pflichtgefühl heraus so handelt, wie es einem vom Höchsten Herrn aufgetragen wurde, ohne die Früchte seiner Tätigkeiten zu begehren (anāśritaḥ karma-phalam). Jeder, der unter der Führung des Höchsten Herrn handelt, ist tatsächlich ein sannyāsī und ein yogī, und nicht derjenige, der sich lediglich wie ein sannyāsī oder Pseudo-yogī kleidet.

Text

buddhir jñānam asammohaḥ
kṣamā satyaṁ damaḥ śamaḥ
sukhaṁ duḥkhaṁ bhavo ’bhāvo
bhayaṁ cābhayam eva ca
ahiṁsā samatā tuṣṭis
tapo dānaṁ yaśo ’yaśaḥ
bhavanti bhāvā bhūtānāṁ
matta eva pṛthag-vidhāḥ

Synonyms

buddhiḥ — Intelligenz; jñānam — Wissen; asammohaḥ — Freiheit von Zweifeln; kṣamā — Nachsicht; satyam — Wahrhaftigkeit; damaḥ — Sinnesbeherrschung; śamaḥ — Beherrschung des Geistes; sukham — Glück; duḥkham — Leid; bhavaḥ — Geburt; abhāvaḥ — Tod; bhayam — Furcht; ca — auch; abhayam — Furchtlosigkeit; eva — auch; ca — und; ahiṁsā — Gewaltlosigkeit; samatā — Ausgeglichenheit; tuṣṭiḥ — Zufriedenheit; tapaḥ — Buße; dānam — Wohltätigkeit; yaśaḥ — Ruhm; ayaśaḥ — Schmach; bhavanti — entstehen; bhāvāḥ — Naturen; bhūtānām — der Lebewesen; mattaḥ — von Mir; eva — gewiß; pṛthak-vidhāḥ — unterschiedlich angeordnet.

Translation

Intelligenz, Wissen, Freiheit von Zweifeln und Täuschung, Nachsicht, Wahrhaftigkeit, Beherrschung der Sinne, Beherrschung des Geistes, Glück und Leid, Geburt, Tod, Furcht, Furchtlosigkeit, Gewaltlosigkeit, Ausgeglichenheit, Zufriedenheit, Entsagung, Wohltätigkeit, Ruhm und Schmach – all diese verschiedenen Eigenschaften der Lebewesen wurden von Mir allein geschaffen.

Purport

ERLÄUTERUNG: Die verschiedenen Eigenschaften der Lebewesen, seien sie gut oder schlecht, wurden alle von Kṛṣṇa erschaffen, und sie werden hier beschrieben.

Intelligenz bezieht sich auf die Fähigkeit, die Dinge im richtigen Licht zu sehen, und Wissen bedeutet zu verstehen, was spirituell und was materiell ist. Gewöhnliches Wissen, das man durch eine Universitätsausbildung erwirbt, bezieht sich nur auf Materie und wird hier nicht als Wissen anerkannt. Wissen bedeutet, den Unterschied zwischen spiritueller Natur und Materie zu kennen. Im modernen Bildungswesen gibt es kein Wissen von der spirituellen Natur; man kümmert sich ausschließlich um die materiellen Elemente und die Bedürfnisse des Körpers. Deshalb ist akademisches Wissen unvollständig.

Asammoha, Freiheit von Zweifeln und Täuschung, kann von demjenigen erlangt werden, der nicht zögert und der die transzendentale Philosophie versteht. Langsam, aber sicher wird er frei von Verwirrung. Nichts sollte blind akzeptiert werden; alles sollte mit Sorgfalt und Vorsicht geprüft werden. Man sollte kṣamā, Toleranz und Nachsicht, üben, indem man über die geringen Vergehen anderer hinwegsieht. Satyam, Wahrhaftigkeit, bedeutet, Fakten so wie sie sind zum Nutzen anderer darzustellen. Fakten sollten nicht falsch dargestellt werden. Nach gesellschaftlicher Sitte sollte man die Wahrheit nur dann sprechen, wenn sie für andere angenehm ist; doch das ist keine Wahrhaftigkeit. Die Wahrheit sollte geradeheraus gesprochen werden, so daß andere verstehen können, wie die Dinge wirklich liegen. Wenn jemand ein Dieb ist und die Menschen darauf hingewiesen werden, daß er ein Dieb ist, so entspricht dies der Wahrheit. Obwohl die Wahrheit manchmal unangenehm ist, sollte man sich nicht scheuen, sie auszusprechen. Wahrhaftigkeit setzt voraus, daß die Tatsachen zum Nutzen anderer, so wie sie sind, dargestellt werden. Das ist die Definition von Wahrheit.

Beherrschung der Sinne bedeutet, die Sinne nicht für unnötigen persönlichen Genuß zu verwenden. Es ist nicht verboten, die Bedürfnisse der Sinne in angemessener Weise zu befriedigen, doch unnötiger Sinnengenuß schadet dem spirituellen Fortschritt. Deshalb sollte man die Sinne von unnötigem Gebrauch zurückhalten. In ähnlicher Weise sollte man den Geist von unnötigen Gedanken fernhalten; das wird śama genannt. Auch sollte man seine Zeit nicht damit vergeuden, über Mittel und Wege des Geldverdienens nachzudenken. Dies ist ein Mißbrauch der Denkkraft. Der Geist sollte dazu benutzt werden, das wichtigste Bedürfnis des Menschen zu verstehen, und zwar aus autoritativer Quelle. Die Denkkraft sollte in der Gemeinschaft von Menschen entwickelt werden, die Autoritäten auf dem Gebiet der Schriften sind, in der Gemeinschaft von Heiligen, spirituellen Meistern und Personen, deren Denken hochentwickelt ist. Sukham, Freude oder Glück, sollte man immer in solchen Dingen finden, die für die Kultivierung spirituellen Wissens im Kṛṣṇa- Bewußtsein förderlich sind. In ähnlicher Weise kann Leid oder Kummer als das definiert werden, was für die Kultivierung von Kṛṣṇa-Bewußtsein nachteilig ist. Alles, was die Entwicklung von Kṛṣṇa-Bewußtsein fördert, sollte man annehmen, und alles Nachteilige sollte man zurückweisen.

Bhava, Geburt, bezieht sich auf den Körper. Was die Seele betrifft, so gibt es für sie weder Geburt noch Tod; das haben wir bereits zu Beginn der Bhagavad-gītā besprochen. Geburt und Tod beziehen sich auf unsere Verkörperung in der materiellen Welt. Angst hat ihre Ursache in der Sorge um die Zukunft. Ein Mensch im Kṛṣṇa-Bewußtsein kennt keine Angst, denn aufgrund seiner Tätigkeiten ist es sicher, daß er zum spirituellen Himmel, nach Hause, zu Gott, zurückkehren wird. Deshalb ist seine Zukunft äußerst vielversprechend. Andere hingegen wissen nicht, was die Zukunft für sie bereithält; sie wissen nicht, was sie im nächsten Leben erwartet. Folglich leben sie in ständiger Sorge. Wenn wir frei von Angst werden wollen, ist es das beste, Kṛṣṇa zu verstehen und immer Kṛṣṇa-bewußt zu sein. So werden wir von aller Angst frei sein. Im Śrīmad-Bhāgavatam (11.2.37) heißt es, daß Angst dann entsteht, wenn wir unseren Geist in die illusionierende Energie vertiefen (bhayaṁ dvitīyābhiniveśataḥ syāt). Diejenigen aber, die von der illusionierenden Energie frei sind, die die Gewißheit haben, daß sie nicht der materielle Körper, sondern spirituelle Teile der Höchsten Persönlichkeit Gottes sind, und die sich daher im transzendentalen Dienst des Höchsten Herrn betätigen, haben nichts zu befürchten. Sie sehen einer glückverheißenden Zukunft entgegen. Angst ist ein Gemütszustand derjenigen, die nicht Kṛṣṇa-bewußt sind. Abhayam, Furchtlosigkeit, ist nur für Menschen im Kṛṣṇa-Bewußtsein möglich.

Ahiṁsā, Gewaltlosigkeit, bedeutet, nichts zu tun, was andere in Leid oder Verwirrung stürzt. Materieller Fortschritt, wie er von zahllosen Politikern, Soziologen, Philanthropen usw. versprochen wird, bringt keine guten Ergebnisse hervor, denn die Politiker und Philanthropen haben keine transzendentale Sicht; sie wissen nicht, was der menschlichen Gesellschaft wirklich nützt. Ahiṁsā bedeutet, die Menschen so auszubilden, daß sie aus dem menschlichen Körper den vollen Nutzen ziehen können. Der menschliche Körper ist für spirituelle Erkenntnis bestimmt, und jede Bewegung oder Kommission, die nicht dieses Ziel verfolgt, tut daher dem menschlichen Körper Gewalt an. Das, was das künftige spirituelle Glück der Menschen fördert, wird Gewaltlosigkeit genannt.

Samatā, Gleichmut, bedeutet Freiheit von Anhaftung und Abneigung. Sowohl ein hohes Maß an Anhaftung als auch ein hohes Maß an Abneigung ist nicht ratsam. Man sollte in der materiellen Welt ohne Anhaftung und Abneigung leben. Das, was für die Ausübung des Kṛṣṇa- Bewußtseins günstig ist, sollte man annehmen; das, was ungünstig ist, sollte man ablehnen. Diese Haltung wird samatā, Gleichmut, genannt. Für einen Menschen im Kṛṣṇa-Bewußtsein gibt es nur ein Kriterium, um etwas abzulehnen oder anzunehmen: seine Nützlichkeit bei der Ausübung des Kṛṣṇa-Bewußtseins.

Tuṣṭi, Zufriedenheit, bedeutet, nicht danach zu streben, durch unnötiges Streben immer mehr materielle Güter anzuhäufen. Man sollte mit dem zufrieden sein, was man durch die Gnade des Höchsten Herrn bekommt; das wird Zufriedenheit genannt. Tapas bedeutet Entsagung oder Buße. Es gibt viele Regeln und Regulierungen, die unter diesen Begriff fallen, wie zum Beispiel frühmorgens aufzustehen und ein Bad zu nehmen. Manchmal ist es sehr beschwerlich, früh am Morgen aufzustehen, doch Entsagung bedeutet, freiwillig Unannehmlichkeiten auf sich zu nehmen. In ähnlicher Weise gibt es Vorschriften für das Fasten an bestimmten Tagen des Monats. Solches Fasten mag vielleicht unangenehm erscheinen, aber wer entschlossen ist, in der Wissenschaft des Kṛṣṇa-Bewußtseins Fortschritt zu machen, sollte solche körperlichen Unannehmlichkeiten auf sich nehmen, wenn sie empfohlen werden. Man sollte jedoch nicht unnötig oder gegen die vedischen Anweisungen fasten. Man sollte nicht für politische Zwecke fasten. Dies ist laut Bhagavad-gītā Fasten in Unwissenheit, und alles, was in Unwissenheit oder Leidenschaft getan wird, führt nicht zu spirituellem Fortschritt. Alles hingegen, was in der Erscheinungsweise der Tugend getan wird, führt zu Fortschritt, und Fasten entsprechend den vedischen Anweisungen bereichert einen im spirituellen Wissen.

Was Wohltätigkeit betrifft, so sollte man fünfzig Prozent seines Einkommens für einen guten Zweck spenden. Und was ist ein guter Zweck? Das, was im Sinne des Kṛṣṇa-Bewußtseins getan wird. Dies ist nicht nur ein guter Zweck, sondern der beste Zweck. Weil Kṛṣṇa gut ist, ist Seine Mission ebenfalls gut. Folglich sollten Spenden jemandem gegeben werden, der im Kṛṣṇa-Bewußtsein beschäftigt ist. Gemäß der vedischen Literatur ist es vorgeschrieben, Spenden an brāhmaṇas zu geben. Dieses System wird noch heute befolgt, wenn auch nicht genau entsprechend der vedischen Anweisung. Dennoch lautet die Vorschrift, daß Spenden an brāhmaṇas gegeben werden sollten. Warum? Weil sie sich mit der höheren Kultivierung spirituellen Wissens beschäftigen. Von einem brāhmaṇa wird erwartet, daß er sein ganzes Leben der Erkenntnis des Brahman weiht. Brahma jānātīti brāhmaṇaḥ: Jemand, der das Brahman kennt, wird als brāhmaṇa bezeichnet. Spenden werden deshalb an brāhmaṇas gegeben, weil sie ständig im höheren spirituellen Dienst beschäftigt sind und keine Zeit haben, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. In der vedischen Literatur werden Spenden außerdem demjenigen zugesprochen, der sich auf der Lebensstufe der Entsagung befindet, das heißt dem sannyāsī. Die sannyāsīs gehen bettelnd von Tür zu Tür, nicht des Geldes wegen, sondern um missionarischer Zwecke willen. Es ist vorgesehen, daß sie von Tür zu Tür gehen, um die Haushälter aus dem Schlummer der Unwissenheit zu erwecken. Weil sich die Haushälter mit Familienangelegenheiten befassen und den eigentlichen Sinn des Lebens vergessen haben, nämlich ihr Kṛṣṇa-Bewußtsein zu erwecken, ist es die Aufgabe des sannyāsī, als Bettler zu den Haushältern zu gehen und sie zu ermutigen, Kṛṣṇa-bewußt zu werden. Wie es in den Veden heißt, sollte man erwachen, um das zu erreichen, wofür das menschliche Leben bestimmt ist. Dieses Wissen und dessen Anwendung wird von den sannyāsīs verbreitet; Spenden müssen also den in Entsagung Lebenden und den brāhmaṇas und für ähnliche gute Zwecke gegeben werden, nicht für irgendeinen launenhaften Zweck.

Yaśas, Ruhm, sollte anhand der Aussage Śrī Caitanyas gemessen werden, der sagte, daß jemand dann berühmt ist, wenn man ihn als einen großen Gottgeweihten kennt. Das ist wirklicher Ruhm. Wenn jemand im Kṛṣṇa-Bewußtsein eine bedeutende Persönlichkeit geworden ist und dies bekannt wird, ist er wahrhaft berühmt. Wer nicht solchen Ruhm besitzt, ist unbedeutend.

All diese Eigenschaften sind überall im Universum, sowohl in der menschlichen Gesellschaft als auch in der Gesellschaft der Halbgötter, zu finden. Auf anderen Planeten gibt es viele Formen menschlicher Gesellschaften, und all diese Eigenschaften gibt es auch dort. Für jemanden, der im Kṛṣṇa-Bewußtsein Fortschritt machen möchte, erschafft Kṛṣṇa all diese Eigenschaften, doch der Betreffende muß sie selbst von innen her entwickeln. Wer im hingebungsvollen Dienst des Höchsten Herrn beschäftigt ist, entwickelt – durch die Vorkehrung des Höchsten Herrn – alle guten Eigenschaften.

Von allem, was wir in dieser Welt vorfinden, sei es gut oder schlecht, ist Kṛṣṇa der Ursprung. Nichts kann sich in der materiellen Welt manifestieren, was nicht in Kṛṣṇa ist. Das ist Wissen. Obwohl wir wissen, daß alles verschiedene Eigenschaften und Funktionen hat, sollten wir gleichzeitig erkennen, daß alles von Kṛṣṇa ausgeht.

Text

maharṣayaḥ sapta pūrve
catvāro manavas tathā
mad-bhāvā mānasā jātā
yeṣāṁ loka imāḥ prajāḥ

Synonyms

mahā-ṛṣayaḥ — die großen Weisen; sapta — sieben; pūrve — davor; catvāraḥ — vier; manavaḥ — Manus; tathā — auch; mat-bhāvāḥ — von Mir geboren; mānasāḥ — aus dem Geist; jātāḥ — geboren; yeṣām — von ihnen; loke — in der Welt; imāḥ — all diese; prajāḥ — Bevölkerung.

Translation

Die sieben großen Weisen, vor ihnen die vier anderen großen Weisen und die Manus [die Vorväter der Menschheit] wurden von Mir, aus Meinem Geist, geboren, und alle Lebewesen, die die verschiedenen Planeten bevölkern, stammen von ihnen ab.

Purport

ERLÄUTERUNG: Der Herr gibt hier eine genealogische Übersicht über die Bevölkerung des Universums. Brahmā ist das erste Lebewesen, das aus der Energie des Höchsten Herrn, der Hiraṇyagarbha genannt wird, geboren wurde. Von Brahmā kamen die sieben großen Weisen und vor ihnen die vier großen Weisen namens Sanaka, Sananda, Sanātana und Sanat-kumāra sowie die vierzehn Manus. Diese fünfundzwanzig großen Weisen sind die Patriarchen aller Lebewesen im ganzen Universum. Es gibt unzählige Universen und in jedem Universum unzählige Planeten, und jeder Planet wird von den unterschiedlichsten Lebensarten bevölkert. Sie alle wurden von diesen fünfundzwanzig Patriarchen geboren. Brahmā nahm für eintausend Jahre nach der Zeitrechnung der Halbgötter Entsagungen auf sich, bevor er durch die Gnade Kṛṣṇas erkannte, wie er die Schöpfung vollziehen mußte. Aus Brahmā gingen daraufhin Sanaka, Sananda, Sanātana und Sanat-kumāra hervor, danach Rudra und dann die sieben Weisen. Auf diese Weise sind alle brāhmaṇas und kṣatriyas aus der Energie der Höchsten Persönlichkeit Gottes hervorgegangen. Brahmā wird Pitāmaha, der Großvater, und Kṛṣṇa Prapitāmaha, der Vater des Großvaters, genannt. Dies wird im Elften Kapitel der Bhagavad-gītā (11.39) beschrieben.

Text

etāṁ vibhūtiṁ yogaṁ ca
mama yo vetti tattvataḥ
so ’vikalpena yogena
yujyate nātra saṁśayaḥ

Synonyms

etām — all dieser; vibhūtim — Reichtum; yogam — mystische Kraft; ca — auch; mama — von Mir; yaḥ — jeder, der; vetti — kennt; tattvataḥ — tatsächlich; saḥ — er; avikalpena — ohne Abweichung; yogena — im hingebungsvollen Dienst; yujyate — ist beschäftigt; na — niemals; atra — hier; saṁśayaḥ — Zweifel.

Translation

Wer von diesen Meinen Füllen und mystischen Kräften tatsächlich überzeugt ist, beschäftigt sich im unvermischten hingebungsvollen Dienst; darüber besteht kein Zweifel.

Purport

ERLÄUTERUNG: Der höchste Gipfel spiritueller Vollkommenheit ist Wissen über die Höchste Persönlichkeit Gottes. Nur wer von den verschiedenen Füllen des Höchsten Herrn fest überzeugt ist, kann sich im hingebungsvollen Dienst beschäftigen. Die Menschen wissen im allgemeinen, daß Gott groß ist, aber sie haben kein detailliertes Wissen darüber, wie groß Gott ist. Hier nun werden solche Einzelheiten beschrieben. Wenn man tatsächlich versteht, wie groß Gott ist, wird man automatisch eine ergebene Seele und beschäftigt sich im hingebungsvollen Dienst des Herrn. Wenn man die Füllen des Höchsten tatsächlich versteht, bleibt einem keine andere Wahl, als sich Ihm zu ergeben. Dieses tatsächliche Wissen kann man aus den Beschreibungen des Śrīmad-Bhāgavatam, der Bhagavad-gītā und ähnlicher Schriften beziehen.

Im Universum gibt es viele Halbgötter, die für die Verwaltung der Planetensysteme zuständig sind, und die Oberhäupter von ihnen sind Brahmā, Śiva, die vier großen Kumāras und die anderen Patriarchen. Die Bevölkerung des Universums hat viele Vorväter, und sie alle wurden vom Höchsten Herrn, Kṛṣṇa, geboren. Die Höchste Persönlichkeit Gottes, Kṛṣṇa, ist der ursprüngliche Vorvater aller Vorväter.

Dies sind einige der Füllen des Höchsten Herrn. Wenn man von ihnen fest überzeugt ist, nimmt man Kṛṣṇa mit starkem Glauben und ohne jeden Zweifel an und betätigt sich im hingebungsvollen Dienst. All dieses spezifische Wissen ist notwendig, um unser Interesse am liebenden hingebungsvollen Dienst des Herrn zu vergrößern. Man sollte es nicht versäumen, umfassend zu verstehen, wie groß Kṛṣṇa ist, denn wenn man Kṛṣṇas Größe kennt, wird man imstande sein, im aufrichtigen hingebungsvollen Dienst gefestigt zu sein.

Text

ahaṁ sarvasya prabhavo
mattaḥ sarvaṁ pravartate
iti matvā bhajante māṁ
budhā bhāva-samanvitāḥ

Synonyms

aham — Ich; sarvasya — von allem; prabhavaḥ — die Quelle der Erzeugung; mattaḥ — von Mir; sarvam — alles; pravartate — geht aus; iti — so; matvā — kennend; bhajante — geben sich hin; mām — Mir; budhāḥ — die Gelehrten; bhāva-samanvitāḥ — mit großer Aufmerksamkeit.

Translation

Ich bin der Ursprung aller spirituellen und materiellen Welten. Alles geht von Mir aus. Die Weisen, die dies vollkommen verstanden haben, beschäftigen sich in Meinem hingebungsvollen Dienst und verehren Mich von ganzem Herzen.

Purport

ERLÄUTERUNG: Ein großer Gelehrter, der die Veden gründlich studiert hat, der Wissen von Autoritäten wie Śrī Caitanya empfangen hat und der diese Lehren anzuwenden weiß, versteht, daß Kṛṣṇa der Ursprung von allem ist, was in den materiellen und spirituellen Welten existiert, und weil er dies vollkommen verstanden hat, beschäftigt er sich unerschütterlich im hingebungsvollen Dienst des Höchsten Herrn. Er kann niemals, weder von irgendwelchen Narren noch von unsinnigen Kommentaren, von diesem Pfad abgebracht werden. Alle vedischen Schriften erklären übereinstimmend, daß Kṛṣṇa der Ursprung Brahmās, Śivas und aller anderen Halbgötter ist. Im Atharva Veda (Gopāla-tāpanī Upaniṣad 1.24) heißt es: yo brahmāṇaṁ vidadhāti pūrvaṁ yo vai vedāṁś ca gāpayati sma kṛṣṇaḥ. „Es war Kṛṣṇa, der zu Beginn Brahmā das vedische Wissen offenbarte und der in der Vergangenheit das vedische Wissen verkündete.“ Weiterhin heißt es in der Nārāyaṇa Upaniṣad (1): atha puruṣo ha vai nārāyaṇo ’kāmayata prajāḥ sṛjeyeti. „Darauf hatte die Höchste Persönlichkeit Nārāyaṇa den Wunsch, Lebewesen zu erschaffen.“ Die Upaniṣad fährt fort: nārāyaṇād brahmā jāyate, nārāyaṇād prajāpatiḥ prajāyate, nārāyaṇād indro jāyate, nārāyaṇād aṣṭau vasavo jāyante, nārāyaṇād ekādaśa rudrā jāyante, nārāyaṇād dvādaśādityāḥ. „Von Nārāyaṇa wurde Brahmā geboren, und von Nārāyaṇa wurden ebenfalls die Patriarchen geboren. Von Nārāyaṇa wurde Indra geboren, von Nārāyaṇa wurden die acht Vasus geboren, von Nārāyaṇa wurden die elf Rudras geboren, und von Nārāyaṇa wurden die zwölf Ādityas geboren.“ Dieser Nārāyaṇa ist eine Erweiterung Kṛṣṇas.

In den gleichen Veden heißt es: brahmaṇyo devakī-putraḥ. „Der Sohn Devakīs, Kṛṣṇa, ist die Höchste Persönlichkeit.“ (Nārāyaṇa Upaniṣad 4) Weiter heißt es: eko vai nārāyaṇa āsīn na brahmā neśāno nāpo nāgni- somau neme dyāv-āpṛthivī na nakṣatrāṇi na sūryaḥ. „Am Anfang der Schöpfung gab es nur die Höchste Persönlichkeit, Nārāyaṇa. Es gab keinen Brahmā, keinen Śiva, kein Wasser, kein Feuer, keinen Mond, keinen Himmel und keine Erde, keine Sterne am Himmel und keine Sonne.“ (Mahā Upaniṣad 1.2) In der Mahā Upaniṣad wird des weiteren gesagt, daß Śiva aus der Stirn des Höchsten Herrn geboren wurde. Somit besagen die Veden, daß es der Höchste Herr, der Schöpfer Brahmās und Śivas, ist, den man verehren muß.

Im Mokṣa-dharma-Teil des Mahābhārata sagt Kṛṣṇa auch:

prajāpatiṁ ca rudraṁ cāpy
aham eva sṛjāmi vai
tau hi māṁ na vijānīto
mama māyā-vimohitau

„Die Patriarchen, Śiva und andere sind von Mir erschaffen worden, obgleich sie nicht wissen, daß sie von Mir erschaffen wurden, da sie von Meiner illusionierenden Energie getäuscht sind.“

Und im Varāha Purāṇa heißt es:

nārāyaṇaḥ paro devas
tasmāj jātaś caturmukhaḥ
tasmād rudro ’bhavad devaḥ
sa ca sarva-jñatāṁ gataḥ

„Nārāyaṇa ist die Höchste Persönlichkeit Gottes, und von Ihm wurde Brahmā geboren, von dem wiederum Śiva geboren wurde.“

Śrī Kṛṣṇa ist der Ursprung aller Generationen, und Er wird die alles bewirkende Ursache genannt. Er sagt: „Weil alles von Mir geboren wurde, bin Ich die ursprüngliche Quelle von allem. Alles untersteht Mir; niemand ist Mir übergeordnet.“ Es gibt keinen anderen höchsten Kontrollierenden als Kṛṣṇa. Jemand, der durch einen echten spirituellen Meister und durch die vedischen Schriften ein solches Verständnis von Kṛṣṇa erlangt, setzt all seine Energie im Kṛṣṇa-Bewußtsein ein und wird so ein wahrer Gelehrter. Im Vergleich zu ihm sind alle anderen, die Kṛṣṇa nicht richtig verstehen, nichts weiter als Narren. Nur ein Narr würde Kṛṣṇa für einen gewöhnlichen Menschen halten. Ein Kṛṣṇa-bewußter Mensch sollte sich nicht von Narren verwirren lassen. Er sollte alle unautorisierten Kommentare und Interpretationen der Bhagavad-gītā meiden und mit Entschlossenheit und Stetigkeit im Kṛṣṇa-Bewußtsein fortschreiten.

Text

mac-cittā mad-gata-prāṇā
bodhayantaḥ parasparam
kathayantaś ca māṁ nityaṁ
tuṣyanti ca ramanti ca

Synonyms

mat-cittāḥ — ihre Gedanken völlig in Mich vertiefend; mat-gata-prāṇāḥ — ihr Leben Mir hingebend; bodhayantaḥ — predigend; parasparam — untereinander; kathayantaḥ — sprechend; ca — auch; mām — über Mich; nityam — ständig; tuṣyanti — erfahren Zufriedenheit; ca — auch; ramanti — genießen transzendentale Glückseligkeit; ca — auch.

Translation

Die Gedanken Meiner reinen Geweihten weilen in Mir, ihr Leben ist völlig Meinem Dienst hingegeben, und sie erfahren große Zufriedenheit und Glückseligkeit, indem sie sich ständig gegenseitig erleuchten und über Mich sprechen.

Purport

ERLÄUTERUNG: Reine Gottgeweihte, deren charakteristische Merkmale hier beschrieben werden, beschäftigen sich völlig im transzendentalen liebevollen Dienst des Herrn. Ihre Gedanken können niemals von den Lotosfüßen Kṛṣṇas abgelenkt werden. Ihre Gespräche drehen sich einzig und allein um transzendentale Themen. Die Kennzeichen der reinen Gottgeweihten werden in diesem Vers präzise beschrieben. Geweihte des Höchsten Herrn sind vierundzwanzig Stunden am Tag damit beschäftigt, die Eigenschaften und Spiele des Höchsten Herrn zu lobpreisen. Ihr Herz und ihre Seele sind ständig in Kṛṣṇa versunken, und es bereitet ihnen Freude, mit anderen Gottgeweihten über Ihn zu sprechen.

Im Anfangsstadium des hingebungsvollen Dienstes ziehen sie aus dem Dienst selbst transzendentale Freude, und auf der reifen Stufe erfahren sie tatsächlich Liebe zu Gott. Wenn sie diese transzendentale Stellung erlangt haben, können sie die höchste Vollkommenheit kosten, die vom Herrn in Seinem Reich entfaltet wird. Śrī Caitanya vergleicht transzendentalen hingebungsvollen Dienst mit dem Säen eines Samens in das Herz des Lebewesens. Es gibt unzählige Lebewesen, die die verschiedenen Planeten des Universums durchwandern, und unter ihnen gibt es einige wenige, die das Glück haben, einem reinen Gottgeweihten zu begegnen, und so die Möglichkeit bekommen, hingebungsvollen Dienst zu verstehen. Hingebungsvoller Dienst ist genau wie ein Same, und wenn dieser Same in das Herz eines Lebewesens gesät wird und dieses Lebewesen beginnt, ohne Unterlaß Hare Kṛṣṇa, Hare Kṛṣṇa, Kṛṣṇa Kṛṣṇa, Hare Hare/ Hare Rāma, Hare Rāma, Rāma Rāma, Hare Hare zu hören und zu chanten, keimt dieser Same, genauso wie der Same eines Baumes keimt, wenn er regelmäßig bewässert wird. Die spirituelle Pflanze des hingebungsvollen Dienstes wächst allmählich immer weiter, bis sie die Bedeckung des materiellen Universums durchdringt und in die brahmajyoti-Ausstrahlung im spirituellen Himmel gelangt. Auch im spirituellen Himmel wächst die Pflanze immer weiter, bis sie den höchsten Planeten erreicht, den Planeten Kṛṣṇas, der Goloka Vṛndāvana genannt wird. Schließlich sucht die Pflanze unter den Lotosfüßen Kṛṣṇas Zuflucht und kommt dort zur Ruhe. So wie eine Pflanze nach und nach Blüten und Früchte hervorbringt, so bringt auch die Pflanze des hingebungsvollen Dienstes Blüten und Früchte hervor, und der Vorgang des Bewässerns in Form von Hören und Chanten wird weiter fortgesetzt. Diese Pflanze des hingebungsvollen Dienstes wird ausführlich im Caitanya-caritāmṛta (Madhya-līlā, Kapitel Neunzehn) beschrieben. Es wird dort erklärt, daß man völlig in Liebe zu Gott aufgeht, sobald die ausgewachsene Pflanze unter den Lotosfüßen des Höchsten Herrn Zuflucht sucht; dann kann man nicht einmal einen einzigen Augenblick leben, ohne mit dem Höchsten Herrn verbunden zu sein, ebenso wie ein Fisch ohne Wasser nicht leben kann. In einem solchen Zustand erwirbt der Gottgeweihte in Verbindung mit dem Höchsten Herrn wahrhaft transzendentale Eigenschaften.

Auch das Śrīmad-Bhāgavatam ist voll von Erzählungen über die Beziehung zwischen dem Höchsten Herrn und Seinen Geweihten; deshalb ist das Śrīmad-Bhāgavatam den Gottgeweihten sehr lieb, wie im Bhāgavatam selbst (12.13.18) erklärt wird: śrīmad-bhāgavataṁ purāṇam amalaṁ yad vaiṣṇavānāṁ priyam. In dieser Erzählung findet man nichts über materielle Tätigkeiten, wirtschaftliche Entwicklung, Sinnenbefriedigung oder Befreiung. Das Śrīmad-Bhāgavatam ist die einzige Erzählung, in der die transzendentale Natur des Höchsten Herrn und Seiner Geweihten umfassend beschrieben wird. Folglich erfahren die verwirklichten Seelen im Kṛṣṇa-Bewußtsein fortgesetzte Freude, wenn sie aus solchen transzendentalen Schriften hören, genauso wie ein Junge und ein Mädchen Freude empfinden, wenn sie zusammen sind.

Text

teṣāṁ satata-yuktānāṁ
bhajatāṁ prīti-pūrvakam
dadāmi buddhi-yogaṁ taṁ
yena mām upayānti te

Synonyms

teṣām — ihnen; satata-yuktānām — immer beschäftigt; bhajatām — hingebungsvollen Dienst darzubringen; prīti-pūrvakam — in liebender Ekstase; dadāmi — Ich gebe; buddhi-yogam — wahre Intelligenz; tam — das; yena — durch welches; mām — zu Mir; upayānti — kommen; te — sie.

Translation

Denjenigen, die Mir ständig hingegeben sind und Mir mit Liebe dienen, gebe Ich das Verständnis, durch das sie zu Mir gelangen können.

Purport

ERLÄUTERUNG: In diesem Vers ist das Wort buddhi-yoga sehr bedeutsam. Erinnern wir uns noch einmal an das Zweite Kapitel: Dort sagte der Herr zu Arjuna, Er habe ihm viele Dinge mitgeteilt und werde ihn jetzt im buddhi-yoga unterweisen. Hier nun wird buddhi-yoga erklärt. Buddhi-yoga bedeutet Handeln im Kṛṣṇa-Bewußtsein; das ist die höchste Intelligenz. Buddhi bedeutet Intelligenz, und yoga bedeutet mystische Tätigkeiten oder mystische Erhebung. Wenn jemand versucht, nach Hause, zu Gott, zurückzukehren, und sich völlig dem Kṛṣṇa- Bewußtsein im hingebungsvollen Dienst widmet, werden seine Tätigkeiten buddhi-yoga genannt. Mit anderen Worten, buddhi-yoga ist der Vorgang, durch den man aus der Verstrickung der materiellen Welt herausgelangt. Das höchste Ziel allen Fortschritts ist Kṛṣṇa. Da die Menschen dies nicht wissen, ist die Gemeinschaft mit Gottgeweihten und einem echten spirituellen Meister so wichtig. Man sollte erkennen, daß das Ziel Kṛṣṇa ist, und sobald das Ziel einmal feststeht, kann man auf dem Pfad langsam, aber sicher vorwärtsschreiten und wird so das endgültige Ziel erreichen.

Wenn jemand das Ziel des Lebens kennt, aber an den Früchten seiner Tätigkeiten hängt, so handelt er in karma-yoga. Wenn jemand weiß, daß das Ziel Kṛṣṇa ist, aber an mentalen Spekulationen Freude findet, um Kṛṣṇa zu verstehen, so handelt er in jñāna-yoga. Und wenn jemand das Ziel kennt und allein im Kṛṣṇa-Bewußtsein und im hingebungsvollen Dienst nach Kṛṣṇa sucht, so handelt er in bhakti-yoga oder buddhi-yoga, dem vollendeten yoga. Dieser vollendete yoga ist die vollkommenste Stufe des Lebens.

Wenn jemand einen echten spirituellen Meister hat und einer spirituellen Organisation angehört, aber dennoch nicht intelligent genug ist, um Fortschritt zu machen, so wird ihm Kṛṣṇa von innen her Unterweisungen geben, so daß er letztlich ohne Schwierigkeit zu Ihm kommen kann. Die Qualifikation besteht darin, daß man sich ständig im Kṛṣṇa- Bewußtsein beschäftigt und mit Liebe und Hingabe alle möglichen Dienste leistet. Man sollte irgendeine Arbeit für Kṛṣṇa verrichten, und diese Arbeit sollte mit Liebe ausgeführt werden. Wenn ein Gottgeweihter nicht intelligent genug ist, um auf dem Pfad der Selbstverwirklichung Fortschritt zu machen, sich aber aufrichtig den Tätigkeiten des hingebungsvollen Dienstes widmet, gibt ihm der Herr die Möglichkeit, Fortschritt zu machen und letztlich zu Ihm zu gelangen.

Text

teṣām evānukampārtham
aham ajñāna-jaṁ tamaḥ
nāśayāmy ātma-bhāva-stho
jñāna-dīpena bhāsvatā

Synonyms

teṣām — ihnen; eva — gewiß; anukampā-artham — um besondere Barmherzigkeit zu erweisen; aham — Ich; ajñāna-jam — aufgrund von Unwissenheit; tamaḥ — Dunkelheit; nāśayāmi — vertreibe; ātma-bhāva — in ihren Herzen; sthaḥ — befindlich; jñāna — des Wissens; dīpena — mit der Fackel; bhāsvatā — leuchtend.

Translation

Um ihnen besondere Barmherzigkeit zu erweisen, zerstöre Ich, der Ich in ihren Herzen weile, mit der leuchtenden Fackel des Wissens die aus Unwissenheit geborene Finsternis.

Purport

ERLÄUTERUNG: Als Śrī Caitanya in Benares das Chanten von Hare Kṛṣṇa, Hare Kṛṣṇa, Kṛṣṇa Kṛṣṇa, Hare Hare/ Hare Rāma, Hare Rāma, Rāma Rāma, Hare Hare verkündete, folgten Ihm Tausende von Menschen. Prakāśānanda Sarasvatī, ein sehr einflußreicher, großer Gelehrter des damaligen Benares, verspottete Śrī Caitanya und nannte Ihn einen sentimentalen Schwärmer. Manchmal kritisieren Māyāvādī-Philosophen die Gottgeweihten, weil sie denken, die meisten Gottgeweihten befänden sich in der Dunkelheit der Unwissenheit und seien philosophisch naive Schwärmer. Doch diese Annahme ist falsch. Es gibt sehr große Gelehrte, die die Philosophie der Hingabe vertreten haben. Doch selbst wenn ein Gottgeweihter aus ihren Schriften oder aus dem Wissen seines spirituellen Meisters keinen Vorteil zieht, hilft ihm Kṛṣṇa in seinem Herzen, vorausgesetzt, daß er sich in seinem hingebungsvollen Dienst aufrichtig bemüht. Folglich kann der aufrichtige Gottgeweihte, der im Kṛṣṇa-Bewußtsein beschäftigt ist, nicht ohne Wissen sein. Die einzige Qualifikation besteht darin, daß man hingebungsvollen Dienst in vollem Kṛṣṇa-Bewußtsein verrichtet.

Die Māyāvādī-Philosophen denken, daß man ohne empirische Analyse kein reines Wissen haben könne. Ihnen gibt der Herr folgende Antwort: Denjenigen, die im reinen hingebungsvollen Dienst tätig sind, wird vom Höchsten Gott geholfen, selbst wenn sie nicht sehr gebildet sind und über kein ausreichendes Wissen von den vedischen Prinzipien verfügen. Das ist die Aussage dieses Verses.

Der Herr teilt Arjuna mit, daß es grundsätzlich nicht möglich ist, die Höchste Wahrheit, die Absolute Wahrheit, die Höchste Persönlichkeit Gottes, einfach durch Spekulieren zu verstehen, denn die Höchste Wahrheit ist so groß, daß es nicht möglich ist, Sie zu begreifen oder zu erreichen, indem man einfach eine mentale Anstrengung unternimmt. Der Mensch mag für Millionen von Jahren fortfahren zu spekulieren, doch wenn er nicht hingegeben ist und keine Liebe für die Höchste Wahrheit besitzt, wird er niemals Kṛṣṇa, die Höchste Wahrheit, verstehen. Nur durch hingebungsvollen Dienst kann die Höchste Wahrheit, Kṛṣṇa, erfreut werden, und durch Seine unbegreifliche Energie wird Er Sich dem Herzen des reinen Gottgeweihten offenbaren. Der reine Gottgeweihte trägt Kṛṣṇa immer im Herzen, und durch die Gegenwart Kṛṣṇas, der genau wie die Sonne ist, wird die Finsternis der Unwissenheit auf der Stelle vertrieben. Dies ist die besondere Barmherzigkeit, die Kṛṣṇa Seinem reinen Geweihten erweist.

Weil die bedingte Seele seit vielen, vielen Millionen von Geburten durch den Kontakt mit der Materie verunreinigt ist, ist ihr Herz immer vom Staub des Materialismus bedeckt. Doch jemand, der sich im hingebungsvollen Dienst beschäftigt und ununterbrochen Hare Kṛṣṇa chantet, wird sehr schnell von diesem Staub befreit und auf die Ebene reinen Wissens erhoben. Das höchste Ziel, Viṣṇu, kann nur durch diesen mantra und durch hingebungsvollen Dienst erreicht werden, nicht durch mentale Spekulation oder Logik. Der reine Gottgeweihte braucht sich um seine materiellen Lebensnotwendigkeiten keine Sorgen zu machen; er braucht keine Angst zu haben, denn wenn er die Dunkelheit aus seinem Herzen entfernt, wird er vom Herrn automatisch mit allem Notwendigen versorgt, da der Herr durch den liebenden hingebungsvollen Dienst des Gottgeweihten erfreut ist. Dies ist die Essenz der Lehren der Bhagavad-gītā. Durch das Studium der Bhagavad-gītā kann man eine dem Höchsten Herrn völlig ergebene Seele werden und sich im reinen hingebungsvollen Dienst beschäftigen. Wenn der Herr einen in Seine Obhut nimmt, wird man von allen materialistischen Bestrebungen vollständig frei.

Text

arjuna uvāca
paraṁ brahma paraṁ dhāma
pavitraṁ paramaṁ bhavān
puruṣaṁ śāśvataṁ divyam
ādi-devam ajaṁ vibhum
āhus tvām ṛṣayaḥ sarve
devarṣir nāradas tathā
asito devalo vyāsaḥ
svayaṁ caiva bravīṣi me

Synonyms

arjunaḥ uvāca — Arjuna sprach; param — die höchste; brahma — Wahrheit; param — höchste; dhāma — Stütze; pavitram — rein; paramam — höchste; bhavān — Du; puruṣam — Persönlichkeit; śāśvatam — ewige; divyam — transzendentale; ādi-devam — der ursprüngliche Herr; ajam — ungeboren; vibhum — der Größte; āhuḥ — sagen; tvām — von Dir; ṛṣayaḥ — Weisen; sarve — alle; deva-ṛṣiḥ — der Weise unter den Halbgöttern; nāradaḥ — Nārada; tathā — auch; asitaḥ — Asita; devalaḥ — Devala; vyāsaḥ — Vyāsa; svayam — persönlich; ca — auch; eva — gewiß; bravīṣī — Du erklärst; me — mir.

Translation

Arjuna sprach: Du bist die Höchste Persönlichkeit Gottes, das höchste Reich, der Reinste, die Absolute Wahrheit. Du bist die ewige, transzendentale, ursprüngliche Person, der Ungeborene, der Größte. Alle bedeutenden Weisen, wie Nārada, Asita, Devala und Vyāsa, bestätigen diese Wahrheit über Dich, und jetzt erklärst Du es mir Selbst.

Purport

ERLÄUTERUNG: Mit diesen beiden Versen gibt der Höchste Herr dem Māyāvādī-Philosophen eine Chance, den Unterschied zwischen dem Höchsten und der individuellen Seele deutlich zu verstehen. Nachdem Arjuna die essentiellen vier Verse der Bhagavad-gītā in diesem Kapitel gehört hatte, wurde er von allen Zweifeln völlig frei und erkannte Kṛṣṇa als die Höchste Persönlichkeit Gottes an. Sogleich erklärt er unmißverständlich: „Du bist paraṁ brahma, die Höchste Persönlichkeit Gottes.“ Und an früherer Stelle sagte Kṛṣṇa, daß Er der Schöpfer von allem und jedem ist. Jeder Halbgott und jeder Mensch ist von Ihm abhängig. Menschen und Halbgötter denken aus Unwissenheit, sie seien absolut und von der Höchsten Persönlichkeit Gottes unabhängig. Diese Unwissenheit wird durch hingebungsvollen Dienst auf vollkommene Weise beseitigt, wie es der Herr bereits im vorangegangenen Vers erklärt hat. Nun erkennt Arjuna Kṛṣṇa durch dessen Gnade als die Höchste Wahrheit an, was auch mit den vedischen Anweisungen übereinstimmt. Wenn Arjuna Kṛṣṇa als die Höchste Persönlichkeit Gottes, die Absolute Wahrheit, anspricht, so tut er dies nicht, um Ihm zu schmeicheln, nur weil Kṛṣṇa sein vertrauter Freund ist. Alles, was Arjuna in diesen beiden Versen sagt, wird von der vedischen Wahrheit bestätigt. Die vedischen Unterweisungen besagen, daß nur jemand, der sich dem hingebungsvollen Dienst des Höchsten Herrn zuwendet, Ihn verstehen kann, und niemand sonst. Jedes einzelne Wort dieses von Arjuna gesprochenen Verses wird von den vedischen Unterweisungen bestätigt.

In der Kena Upaniṣad heißt es, daß das Höchste Brahman der Ruheort von allem ist, und Kṛṣṇa hat bereits erklärt, daß alles auf Ihm ruht. Die Muṇḍaka Upaniṣad bestätigt, daß der Höchste Herr, in dem alles ruht, nur von denjenigen erkannt werden kann, die ständig an Ihn denken. Dieses ständige Denken an Kṛṣṇa wird smaraṇam genannt und ist eine der Methoden des hingebungsvollen Dienstes. Einzig und allein durch hingebungsvollen Dienst zu Kṛṣṇa kann man seine eigene Stellung verstehen und den materiellen Körper hinter sich lassen.

In den Veden wird der Höchste Herr als der Reinste der Reinen bezeichnet. Wer versteht, daß Kṛṣṇa der Reinste der Reinen ist, kann von allen sündhaften Tätigkeiten gereinigt werden. Man kann nur von sündhaftem Handeln geheilt werden, wenn man sich dem Höchsten Herrn ergibt. Daß Arjuna Kṛṣṇa als den höchsten Reinen anerkennt, steht im Einklang mit den Unterweisungen der vedischen Literatur. Hiermit stimmen auch bedeutende Persönlichkeiten überein, von denen Nārada das Oberhaupt ist.

Kṛṣṇa ist die Höchste Persönlichkeit Gottes, und man sollte immer über Ihn meditieren und seine transzendentale Beziehung zu Ihm genießen. Er ist die höchste Existenz. Er ist frei von körperlichen Bedürfnissen, frei von Geburt und Tod. Nicht nur Arjuna bestätigt dies, sondern auch sämtliche vedischen Schriften, die Purāṇas und andere historische Aufzeichnungen. In allen vedischen Schriften wird Kṛṣṇa auf diese Weise beschrieben, und auch der Höchste Herr Selbst sagt im Vierten Kapitel: „Obwohl Ich ungeboren bin, erscheine Ich auf der Erde, um die religiösen Prinzipien festzulegen.“ Kṛṣṇa ist der höchste Ursprung. Er hat keine Ursache, denn Er ist die Ursache aller Ursachen, und alles geht von Ihm aus. Dieses vollkommene Wissen kann man durch die Gnade des Höchsten Herrn erfahren.

Arjunas Erkenntnis war nur durch die Gnade Kṛṣṇas möglich. Wenn wir die Bhagavad-gītā verstehen wollen, sollten wir die Aussagen dieser beiden Verse akzeptieren. Dies nennt man das paramparā-System, das Annehmen der Schülernachfolge. Nur wer der Schülernachfolge angehört, kann die Bhagavad-gītā verstehen. Durch sogenannte akademische Bildung ist dies nicht möglich. Leider halten diejenigen, die auf ihre akademische Bildung stolz sind, trotz zahlreicher Nachweise in den vedischen Schriften hartnäckig an ihrer Überzeugung fest, Kṛṣṇa sei ein gewöhnlicher Mensch.

Text

sarvam etad ṛtaṁ manye
yan māṁ vadasi keśava
na hi te bhagavan vyaktiṁ
vidur devā na dānavāḥ

Synonyms

sarvam — all; etat — dies; ṛtam — Wahrheit; manye — ich akzeptiere; yat — welche; mām — zu mir; vadasi — Du sagst; keśava — o Kṛṣṇa; na — niemals; hi — gewiß; te — Deine; bhagavan — o Persönlichkeit Gottes; vyaktim — Offenbarung; viduḥ — können verstehen; devāḥ — die Halbgötter; na — nicht; dānavāḥ — die Dämonen.

Translation

O Kṛṣṇa, alles, was Du mir gesagt hast, akzeptiere ich vollkommen als Wahrheit. Weder die Halbgötter noch die Dämonen, o Herr, können Deine Persönlichkeit verstehen.

Purport

ERLÄUTERUNG: Arjuna bestätigt hier, daß Menschen mit ungläubigem und dämonischem Charakter Kṛṣṇa nicht verstehen können. Nicht einmal die Halbgötter können Ihn verstehen, geschweige denn die sogenannten Gelehrten der modernen Welt. Durch die Gnade des Höchsten Herrn hat Arjuna begriffen, daß die Höchste Wahrheit Kṛṣṇa ist und daß Er der Vollkommene ist. Man sollte daher dem Pfad Arjunas folgen, denn Kṛṣṇa machte ihn zur Autorität der Bhagavad-gītā. Wie im Vierten Kapitel erklärt wurde, war das paramparā-System der Schülernachfolge, die das richtige Verständnis der Bhagavad-gītā ermöglichte, unterbrochen, und deshalb setzte Kṛṣṇa Arjuna als das erste Glied einer neuen Schülernachfolge ein, denn Er betrachtete Arjuna als vertrauten Freund und als großen Gottgeweihten. Wie wir bereits in unserer Einleitung zur Gītopaniṣad erwähnten, sollte die Bhagavad-gītā also durch das paramparā-System verstanden werden. Als das paramparā-System verlorengegangen war, wurde Arjuna dazu auserwählt, es zu erneuern. Man sollte dem Beispiel Arjunas folgen, der alles, was Kṛṣṇa sagte, als Wahrheit akzeptierte. Dann können wir die Essenz der Bhagavad-gītā verstehen, und nur dann können wir verstehen, daß Kṛṣṇa die Höchste Persönlichkeit Gottes ist.

Text

svayam evātmanātmānaṁ
vettha tvaṁ puruṣottama
bhūta-bhāvana bhūteśa
deva-deva jagat-pate

Synonyms

svayam — persönlich; eva — gewiß; ātmanā — durch Dich; ātmānam — Dich; vettha — kennst; tvam — Du; puruṣa-uttama — o größte aller Personen; bhūta-bhāvana — o Ursprung von allem; bhūta-īśa — o Herr von allem; deva-deva — o Herr aller Halbgötter; jagat-pate — o Herr des gesamten Universums.

Translation

Wahrlich, Du allein kennst Dich durch Deine innere Energie, o Höchste Person, Ursprung von allem, Herr aller Wesen, Gott der Götter, Herr des Universums!

Purport

ERLÄUTERUNG: Der Höchste Herr, Kṛṣṇa, kann von denjenigen verstanden werden, die, wie Arjuna und seine Nachfolger, durch die Ausführung hingebungsvollen Dienstes mit Ihm verbunden sind, wohingegen diejenigen, die von dämonischer oder atheistischer Mentalität sind, Kṛṣṇa nicht verstehen können. Mentale Spekulation, die einen vom Höchsten Herrn fortführt, ist eine schwere Sünde, und jemand, der Kṛṣṇa nicht kennt, sollte nicht versuchen, die Bhagavad-gītā zu kommentieren. Die Bhagavad-gītā ist das Wort Kṛṣṇas, und da sie die Wissenschaft von Kṛṣṇa ist, sollte man ihre Bedeutung von Kṛṣṇa erlernen, so wie Arjuna es tat. Man sollte sie niemals von Atheisten empfangen.

Im Śrīmad-Bhāgavatam (1.2.11) heißt es:

vadanti tat tattva-vidas
tattvaṁ yaj jñānam advayam
brahmeti paramātmeti
bhagavān iti śabdyate

Die Höchste Wahrheit wird in drei Aspekten erkannt: als unpersönliches Brahman, als lokalisierter Paramātmā und schließlich als die Höchste Persönlichkeit Gottes. Die letzte Stufe der Erkenntnis der Absoluten Wahrheit ist also die Höchste Persönlichkeit Gottes. Ein gewöhnlicher Mensch oder selbst ein befreiter Mensch, der das unpersönliche Brahman oder den lokalisierten Paramātmā erkannt hat, versteht noch nicht unbedingt Gottes Persönlichkeit. Solche Menschen mögen versuchen, die Höchste Person durch die Verse der Bhagavad-gītā zu verstehen, die von ebendieser Person, Kṛṣṇa, gesprochen wurden. Manchmal erkennen die Unpersönlichkeitsanhänger Kṛṣṇa als Bhagavān an, oder sie akzeptieren Seine Autorität. Doch viele befreite Seelen können nicht verstehen, daß Kṛṣṇa Puruṣottama, die Höchste Person, ist. Deshalb spricht Arjuna Ihn als Puruṣottama an. Aber vielleicht versteht man dann noch nicht, daß Kṛṣṇa der Vater aller Lebewesen ist. Deshalb spricht Arjuna Ihn als Bhūta-bhāvana an. Und wenn man Kṛṣṇa als den Vater aller Lebewesen erkennt, weiß man vielleicht immer noch nicht, daß Er auch der höchste Herrscher ist; deshalb wird Er hier als Bhūteśa, der höchste Herrscher über jeden, angesprochen. Und selbst wenn man Kṛṣṇa als den höchsten Herrscher über alle Lebewesen kennt, weiß man vielleicht nicht, daß Er der Ursprung aller Halbgötter ist; deshalb wird Er hier als Deva-deva, der von allen Halbgöttern verehrte Gott, angesprochen. Und selbst wenn man Ihn als den von allen Halbgöttern verehrten Gott kennt, weiß man vielleicht nicht, daß Er der höchste Besitzer aller Dinge ist; deshalb wird Er als Jagat-pati angesprochen. So wird in diesem Vers durch die Erkenntnis Arjunas die Wahrheit über Kṛṣṇa festgelegt, und wir sollten in Arjunas Fußstapfen treten, um Kṛṣṇa so zu verstehen, wie Er ist.

Text

vaktum arhasy aśeṣeṇa
divyā hy ātma-vibhūtayaḥ
yābhir vibhūtibhir lokān
imāṁs tvaṁ vyāpya tiṣṭhasi

Synonyms

vaktum — zu sagen; arhasi — Du verdienst; aśeṣeṇa — im einzelnen; divyāḥ — göttlich; hi — gewiß; ātma — Deine eigenen; vibhūtayaḥ — Füllen; yābhiḥ — durch die; vibhūtibhiḥ — Füllen; lokān — alle Planeten; imān — diese; tvam — Du; vyāpya — durchdringend; tiṣṭhasi — bleibst.

Translation

Bitte beschreibe mir im einzelnen Deine göttlichen Kräfte, mit denen Du all diese Welten durchdringst.

Purport

ERLÄUTERUNG: Aus diesem Vers wird ersichtlich, daß Arjuna mit seinem Verständnis von der Höchsten Persönlichkeit Gottes, Kṛṣṇa, bereits zufrieden ist. Durch Kṛṣṇas Gnade verfügt Arjuna über persönliche Erfahrung, Intelligenz und Wissen sowie über alles andere, was man erlangen kann; und darüber hinaus hat er aufgrund dieser Vorzüge verstanden, daß Kṛṣṇa die Höchste Persönlichkeit Gottes ist. Für ihn besteht daran kein Zweifel, und doch bittet er Kṛṣṇa, Sein alldurchdringendes Wesen zu erklären. Die meisten Menschen, insbesondere die Unpersönlichkeitsanhänger, befassen sich hauptsächlich mit dem alldurchdringenden Wesen des Höchsten. Deshalb fragt Arjuna Kṛṣṇa, wie Er durch Seine verschiedenen Energien in Seinem alldurchdringenden Aspekt überall gegenwärtig ist. Man sollte sich darüber im Klaren sein, daß Arjuna diese Frage zum Nutzen der gewöhnlichen Menschen stellte.

Text

kathaṁ vidyām ahaṁ yogiṁs
tvāṁ sadā paricintayan
keṣu keṣu ca bhāveṣu
cintyo ’si bhagavan mayā

Synonyms

katham — wie; vidyām aham — soll ich kennen; yogin — o höchster Mystiker; tvām — Dich; sadā — immer; paricintayan — denkend an; keṣu — an welche; keṣu — an welche; ca — auch; bhāveṣu — Erscheinungsformen; cintyaḥ asi — man soll sich an Dich erinnern; bhagavan — o Höchster; mayā — von mir.

Translation

O Kṛṣṇa, o höchster Mystiker, wie soll ich ständig an Dich denken, und wie soll ich Dich verstehen? An welche Deiner mannigfaltigen Formen soll man sich erinnern, o Höchste Persönlichkeit Gottes?

Purport

ERLÄUTERUNG: Wie im vorangegangenen Kapitel erklärt wird, ist der Herr, die Höchste Persönlichkeit Gottes, von Seiner yoga-māyā verhüllt. Nur ergebene Seelen und Gottgeweihte können Ihn sehen. Arjuna ist jetzt davon überzeugt, daß sein Freund, Kṛṣṇa, der Höchste Herr ist, aber er möchte erfahren, was der allgemeine Vorgang ist, durch den der alldurchdringende Herr von gewöhnlichen Menschen verstanden werden kann. Gewöhnliche Menschen, einschließlich der Dämonen und Atheisten, können Kṛṣṇa nicht verstehen, denn Er wird von Seiner yoga-māyā-Energie bewacht. Arjuna stellt diese Fragen zu ihrem Nutzen. Der fortgeschrittene Gottgeweihte denkt nicht nur an seine eigene Erkenntnis, sondern an die Erkenntnis der gesamten Menschheit. Weil Arjuna ein Vaiṣṇava, ein Gottgeweihter, ist, ermöglicht er es in seiner Barmherzigkeit auch den gewöhnlichen Menschen, das alldurchdringende Wesen des Höchsten Herrn zu verstehen. Er spricht Śrī Kṛṣṇa hier insbesondere als yogin an, weil Śrī Kṛṣṇa der Herr der yoga-māyā-Energie ist, durch die Er für den gewöhnlichen Menschen entweder verhüllt oder unverhüllt ist. Der gewöhnliche Mensch, der keine Liebe zu Kṛṣṇa hat, kann nicht ständig an Kṛṣṇa denken; folglich muß er an materielle Dinge denken. Arjuna berücksichtigt die Denkweise der materialistischen Menschen dieser Welt. Die Worte keṣu keṣu ca bhāveṣu beziehen sich auf die materielle Natur (das Wort bhāva bedeutet „materielle Dinge“). Weil Materialisten Kṛṣṇa nicht in spiritueller Hinsicht verstehen können, wird ihnen geraten, den Verstand auf materielle Dinge zu richten und zu versuchen, Kṛṣṇa in materiellen Repräsentationen wahrzunehmen.

Text

vistareṇātmano yogaṁ
vibhūtiṁ ca janārdana
bhūyaḥ kathaya tṛptir hi
śṛṇvato nāsti me ’mṛtam

Synonyms

vistareṇa — im einzelnen; ātmanaḥ — Deine; yogam — mystische Kraft; vibhūtim — Füllen; ca — auch; jana-ardana — o Töter der Atheisten; bhūyaḥ — wieder; kathaya — beschreibe; tṛptiḥ — Zufriedenheit; hi — gewiß; śṛṇvataḥ — hörend; na asti — es gibt nicht; me — mein; amṛtam — Nektar.

Translation

O Janārdana, bitte beschreibe mir abermals im einzelnen die mystische Kraft Deiner Füllen. Ich werde es niemals müde, über Dich zu hören, denn je mehr ich höre, desto mehr möchte ich den Nektar Deiner Worte kosten.

Purport

ERLÄUTERUNG: Eine ähnliche Aussage machten die ṛṣis von Naimiṣāraṇya, angeführt von Śaunaka, gegenüber Sūta Gosvāmī. Sie sagten:

vayaṁ tu na vitṛpyāma
uttama-śloka-vikrame
yac chṛṇvatāṁ rasa-jñānāṁ
svādu svādu pade pade

„Selbst wenn man über die transzendentalen Spiele Kṛṣṇas, der mit erlesenen Gebeten gepriesen wird, fortwährend hört, kann man niemals genug bekommen. Diejenigen, die eine transzendentale Beziehung zu Kṛṣṇa aufgenommen haben, kosten in jedem Augenblick die Beschreibungen Seiner Spiele.“ (Śrīmad-Bhāgavatam 1.1.19) Arjuna wollte also über Kṛṣṇa hören, insbesondere über Seine Eigenschaft als alldurchdringender Höchster Herr.

Was nun amṛtam, Nektar, betrifft, so ist jede Erzählung oder Aussage, die sich auf Kṛṣṇa bezieht, genau wie Nektar. Und dieser Nektar kann durch praktische Erfahrung gekostet werden. Moderne Romane, Dichtungen und Darstellungen geschichtlicher Ereignisse unterscheiden sich von den transzendentalen Spielen des Herrn insofern, als man es überdrüssig wird, weltliche Geschichten zu hören, wohingegen man es niemals müde wird, Geschichten über Kṛṣṇa zu hören. Nur aus diesem Grunde ist die Geschichtsschreibung des Universums voll von Begebenheiten, die sich auf die Spiele der Inkarnationen Gottes beziehen. Die Purāṇas sind geschichtliche Erzählungen aus längst vergangenen Zeitaltern, die von den Spielen der mannigfachen Inkarnationen des Herrn berichten. Deshalb bleibt solche Lektüre trotz wiederholten Lesens ewig frisch.

Text

śrī-bhagavān uvāca
hanta te kathayiṣyāmi
divyā hy ātma-vibhūtayaḥ
prādhānyataḥ kuru-śreṣṭha
nāsty anto vistarasya me

Synonyms

śrī-bhagavān uvāca — die Höchste Persönlichkeit Gottes sprach; hanta — ja; te — dir; kathayiṣyāmi — Ich werde mitteilen; divyāḥ — göttliche; hi — gewiß; ātma-vibhūtayaḥ — persönliche Füllen; prādhānyataḥ — die hauptsächlich sind; kuru-śreṣṭha — o bester der Kurus; na asti — es gibt nicht; antaḥ — Grenze; vistarasya — in dem Ausmaß; me — Mein.

Translation

Die Höchste Persönlichkeit Gottes sprach: Ja, Ich werde dir von Meinen herrlichen Manifestationen berichten, doch nur von den bedeutendsten, o Arjuna, denn Meine Füllen sind grenzenlos.

Purport

ERLÄUTERUNG: Es ist nicht möglich, die Größe Kṛṣṇas und das Ausmaß Seiner Füllen zu erfassen. Die Sinne der individuellen Seele sind begrenzt und gestatten es ihr nicht, Kṛṣṇas Wesen in vollem Umfang zu verstehen. Trotzdem versuchen die Gottgeweihten, Kṛṣṇa zu verstehen, jedoch nicht in dem Bewußtsein, daß sie einmal fähig sein werden, Kṛṣṇa zu einem bestimmten Zeitpunkt oder auf irgendeiner Stufe des Lebens völlig zu verstehen. Vielmehr sind die Themen über Kṛṣṇa in sich selbst so köstlich, daß sie den Gottgeweihten wie Nektar erscheinen, und so finden sie in solchen Themen großen Genuß. Die reinen Gottgeweihten erfahren transzendentale Freude, wenn sie über Kṛṣṇas Füllen und Seine verschiedenen Energien sprechen. Deshalb lieben sie es, darüber zu hören und zu sprechen. Kṛṣṇa weiß, daß die Lebewesen das Ausmaß Seiner Füllen nicht verstehen können; deshalb ist Er bereit, nur die Hauptmanifestationen Seiner verschiedenen Energien anzuführen. Das Wort prādhānyataḥ („hauptsächlich“) ist sehr wichtig, da wir nur einige der bedeutendsten Manifestationen des Herrn verstehen können, denn Seine Aspekte sind unbegrenzt. Es ist nicht möglich, sie alle zu verstehen. Das Wort vibhūti bezieht sich – in dem Zusammenhang, in dem es in diesem Vers gebraucht wird – auf die Füllen, durch die Er die gesamte kosmische Manifestation beherrscht. Im Amara-kośa-Wörterbuch wird erklärt, daß das Wort vibhūti auf außergewöhnliche Füllen hinweist.

Die Unpersönlichkeitsanhänger und Pantheisten können weder die außergewöhnlichen Füllen des Höchsten Herrn noch die Manifestationen Seiner göttlichen Energien verstehen. Sowohl in der materiellen Welt als auch in der spirituellen Welt durchdringen Seine Energien alle Arten der Manifestation. Im folgenden beschreibt Kṛṣṇa, was vom gewöhnlichen Menschen direkt wahrgenommen werden kann. Auf diese Weise beschreibt Er einen Teil Seiner mannigfaltigen Energie.

Text

aham ātmā guḍākeśa
sarva-bhūtāśaya-sthitaḥ
aham ādiś ca madhyaṁ ca
bhūtānām anta eva ca

Synonyms

aham — Ich; ātmā — die Seele; guḍākeśa — o Arjuna; sarva-bhūta — aller Lebewesen; āśaya-sthitaḥ — im Herzen befindlich; aham — Ich bin; ādiḥ — der Ursprung; ca — auch; madhyam — Mitte; ca — auch; bhūtānām — aller Lebewesen; antaḥ — Ende; eva — gewiß; ca — und.

Translation

Ich bin die Überseele, o Arjuna, die in den Herzen aller Lebewesen weilt. Ich bin der Anfang, die Mitte und das Ende aller Wesen.

Purport

ERLÄUTERUNG: In diesem Vers wird Arjuna als Guḍākeśa angesprochen, „jemand, der die Dunkelheit des Schlafes bezwungen hat“. Diejenigen, die in der Dunkelheit der Unwissenheit schlafen, können nicht verstehen, wie Sich die Höchste Persönlichkeit Gottes auf verschiedene Weise in der materiellen und in der spirituellen Welt manifestiert. Deshalb ist die Anrede, die Kṛṣṇa in diesem Vers für Arjuna gebraucht, sehr bedeutsam. Weil Arjuna über solcher Dunkelheit steht, erklärt Sich die Persönlichkeit Gottes bereit, Ihre verschiedenen Füllen zu beschreiben.

Kṛṣṇa teilt Arjuna als erstes mit, daß Er in Form Seiner ersten Viṣṇu- Erweiterung die Seele der gesamten kosmischen Manifestation ist. Vor der materiellen Schöpfung manifestiert Sich der Höchste Herr durch Seine vollständige Erweiterung in Form der puruṣa-Inkarnationen, und von Ihm nimmt alles seinen Anfang. Deshalb ist Er ātmā, die Seele des mahat-tattva, das heißt der universalen Elemente. Die gesamte materielle Energie ist nicht die Ursache der Schöpfung; die eigentliche Ursache ist der Mahā-viṣṇu, der in das mahat-tattva, die gesamte materielle Energie, eingeht. Er ist die Seele. Wenn Mahā-viṣṇu in die erschaffenen Universen eingeht, manifestiert Er Sich als Überseele in jedem einzelnen Lebewesen. Wir wissen aus Erfahrung, daß der Körper des Lebewesens aufgrund der Gegenwart des spirituellen Funkens existiert, ohne den sich der Körper nicht entwickeln kann. In ähnlicher Weise kann sich die materielle Manifestation nur dann entwickeln, wenn die Höchste Seele, Kṛṣṇa, in sie eingeht. In der Subāla Upaniṣad heißt es: prakṛty-ādi-sarva-bhūtāntar-yāmī sarva-śeṣī ca nārāyaṇaḥ. „Die Höchste Persönlichkeit Gottes existiert als Überseele in allen manifestierten Universen.“

Die drei puruṣa-avatāras werden im Śrīmad-Bhāgavatam beschrieben. Eine weitere Beschreibung findet man im Nārada Pañcarātra, einem der Sātvata-tantras. Viṣṇos tu trīṇi rūpāṇi puruṣākhyāny atho viduḥ: Die Höchste Persönlichkeit Gottes erscheint in der materiellen Manifestation in drei Aspekten – als Kāraṇodaka-śāyī Viṣṇu, Garbhodaka-śāyī Viṣṇu und Kṣīrodaka-śāyī Viṣṇu. Der Mahā-viṣṇu, auch Kāraṇodaka- śāyī Viṣṇu genannt, wird in der Brahma-saṁhitā (5.47) beschrieben. Yaḥ kāra ṇārṇava-jale bhajati sma yoga-nidrām: Der Höchste Herr, Kṛṣṇa, die Ursache aller Ursachen, legt Sich im kosmischen Ozean als Mahā- viṣṇu nieder. Folglich ist die Höchste Persönlichkeit Gottes der Anfang dieses Universums, der Erhalter der universalen Manifestationen sowie das Ende aller Energie.

Text

ādityānām ahaṁ viṣṇur
jyotiṣāṁ ravir aṁśumān
marīcir marutām asmi
nakṣatrāṇām ahaṁ śaśī

Synonyms

ādityānām — von den Ādityas; aham — Ich bin; viṣṇuḥ — der Höchste Herr; jyotiṣām — von den Leuchtkörpern; raviḥ — die Sonne; aṁśumān — strahlend; marīciḥ — Marīci; marutām — von den Maruts; asmi — Ich bin; nakṣatrāṇām — von den Sternen; aham — Ich bin; śaśī — der Mond.

Translation

Von den Ādityas bin Ich Viṣṇu, von den Lichtquellen bin Ich die strahlende Sonne, von den Maruts bin Ich Marīci, und unter den Sternen bin Ich der Mond.

Purport

ERLÄUTERUNG: Es gibt zwölf Ādityas, von denen Kṛṣṇa das Oberhaupt ist. Von all den Leuchtkörpern, die am Himmel strahlen, steht die Sonne an erster Stelle, und in der Brahma-saṁhitā wird die Sonne als das leuchtende Auge des Höchsten Herrn bezeichnet. Es gibt fünfzig Arten von Winden, die im Raum wehen, und von diesen Winden ist Marīci die herrschende Gottheit und repräsentiert daher Kṛṣṇa.

Unter den Sternen am Nachthimmel ist der Mond der hellste, und daher repräsentiert er Kṛṣṇa. Aus diesem Vers geht hervor, daß der Mond zu den Sternen gehört; folglich reflektieren die Sterne, die am Himmel funkeln, ebenfalls das Licht der Sonne. Die Theorie, daß es viele Sonnen im Universum gibt, wird von der vedischen Literatur nicht bestätigt. Es gibt nur eine Sonne, und genauso wie der Mond das Licht der Sonne reflektiert, tun dies auch die Sterne. Da die Bhagavad-gītā hier erklärt, daß der Mond zu den Sternen gehört, sind die funkelnden Sterne keine Sonnen, sondern lassen sich mit dem Mond vergleichen.

Text

vedānāṁ sāma-vedo ’smi
devānām asmi vāsavaḥ
indriyāṇāṁ manaś cāsmi
bhūtānām asmi cetanā

Synonyms

vedānām — von allen Veden; sāma-vedaḥ — der Sāma Veda; asmi — Ich bin; devānām — von allen Halbgöttern; asmi — Ich bin; vāsavaḥ — der König des Himmels; indriyāṇām — von allen Sinnen; manaḥ — der Geist; ca — auch; asmi — Ich bin; bhūtānām — von allen Lebewesen; asmi — Ich bin; cetanā — die Lebenskraft.

Translation

Von den Veden bin Ich der Sāma Veda; von den Halbgöttern bin Ich Indra, der König des Himmels; von den Sinnen bin Ich der Geist, und in den Lebewesen bin Ich die Lebenskraft [Bewußtsein].

Purport

Von den Veden bin Ich der Sāma Veda; von den Halbgöttern bin Ich Indra, der König des Himmels; von den Sinnen bin Ich der Geist, und in den Lebewesen bin Ich die Lebenskraft [Bewußtsein].

Text

rudrāṇāṁ śaṅkaraś cāsmi
vitteśo yakṣa-rakṣasām
vasūnāṁ pāvakaś cāsmi
meruḥ śikhariṇām aham

Synonyms

rudrāṇām — von allen Rudras; śaṅkaraḥ — Śiva; ca — auch; asmi — Ich bin; vitta-īśaḥ — der Schatzmeister der Halbgötter; yakṣa-rakṣasām — von den Yakṣas und Rākṣasas; vasūnām — von den Vasus; pāvakaḥ — Feuer; ca — auch; asmi — Ich bin; meruḥ — Meru; śikhariṇām — von allen Bergen; aham — Ich bin.

Translation

Von allen Rudras bin Ich Śiva, von den Yakṣas und Rākṣasas bin Ich der Herr des Reichtums [Kuvera], von den Vasus bin Ich das Feuer [Agni], und von den Bergen bin Ich Meru.

Purport

ERLÄUTERUNG: Es gibt elf Rudras, von denen Śaṅkara, Śiva, das Oberhaupt ist. Er ist die Inkarnation des Höchsten Herrn, die für die Erscheinungsweise der Unwissenheit im Universum zuständig ist. Der Führer der Yakṣas und Rākṣasas ist Kuvera, der Schatzmeister der Halbgötter, und er ist eine Repräsentation des Höchsten Herrn. Meru ist ein Berg, der für seine reichen Bodenschätze berühmt ist.

Text

purodhasāṁ ca mukhyaṁ māṁ
viddhi pārtha bṛhaspatim
senānīnām ahaṁ skandaḥ
sarasām asmi sāgaraḥ

Synonyms

purodhasām — von allen Priestern; ca — auch; mukhyam — das Oberhaupt; mām — Mich; viddhi — verstehe; pārtha — o Sohn Pṛthās; bṛhaspatim — Bṛhaspati; senānīnām — von allen Befehlshabern; aham — Ich bin; skandaḥ — Kārtikeya; sarasām — von allen Gewässern; asmi — Ich bin; sāgaraḥ — der Ozean.

Translation

Wisse, o Arjuna, von den Priestern bin Ich das Oberhaupt, Bṛhaspati. Von den Generälen bin Ich Kārttikeya, und von den Gewässern bin Ich der Ozean.

Purport

ERLÄUTERUNG: Indra ist der oberste Halbgott der himmlischen Planeten, und er wird auch der König des Himmels genannt. Der Planet, auf dem er regiert, wird Indraloka genannt. Bṛhaspati ist Indras Priester, und da Indra das Oberhaupt aller Könige ist, ist Bṛhaspati das Oberhaupt aller Priester. Und ebenso wie Indra das Oberhaupt aller Könige ist, ist Skanda (Kārttikeya), der Sohn Pārvatīs und Śivas, das Oberhaupt aller Militärbefehlshaber. Und von allen Gewässern ist der Ozean am größten. Diese Repräsentationen Kṛṣṇas geben nur einen Hinweis auf Seine Größe.

Text

maharṣīṇāṁ bhṛgur ahaṁ
girām asmy ekam akṣaram
yajñānāṁ japa-yajño ’smi
sthāvarāṇāṁ himālayaḥ

Synonyms

mahā-ṛṣīṇām — unter den großen Weisen; bhṛguḥ — Bhṛgu; aham — Ich bin; girām — von den Klangschwingungen; asmi — Ich bin; ekam akṣaram — praṇava; yajñānām — von den Opfern; japa-yajñaḥ — das Chanten; asmi — Ich bin; sthāvarāṇām — von den unbeweglichen Dingen; himālayaḥ — das Himālaya-Gebirge.

Translation

Von den großen Weisen bin Ich Bhṛgu; von den Klangschwingungen bin Ich das transzendentale oṁ. Von den Opfern bin Ich das Chanten der Heiligen Namen [japa], und von den unbeweglichen Dingen bin Ich der Himālaya.

Purport

ERLÄUTERUNG: Brahmā, das erste Geschöpf im Universum, schuf eine Anzahl von Söhnen, denen es bestimmt war, verschiedenste Lebewesen hervorzubringen. Von diesen Söhnen ist Bhṛgu der mächtigste Weise. Von allen transzendentalen Klangschwingungen repräsentiert oṁ (oṁ-kāra) Kṛṣṇa. Von allen Opfern ist das Chanten von Hare Kṛṣṇa, Hare Kṛṣṇa, Kṛṣṇa Kṛṣṇa, Hare Hare/ Hare Rāma, Hare Rāma, Rāma Rāma, Hare Hare die reinste Repräsentation Kṛṣṇas. Manchmal werden Tieropfer empfohlen, doch beim Opfer von Hare Kṛṣṇa, Hare Kṛṣṇa kann es keine Gewalt geben. Es ist das einfachste und reinste Opfer. Alles Erhabene in der Welt ist eine Repräsentation Kṛṣṇas. Deshalb repräsentiert Ihn auch der Himālaya, das größte Gebirge der Welt. Der Berg Meru wurde in einem vorangegangenen Vers erwähnt, doch der Meru bewegt sich manchmal, wohingegen sich der Himālaya niemals bewegt. Deshalb ist der Himālaya bedeutender als der Meru.

Text

aśvatthaḥ sarva-vṛkṣāṇāṁ
devarṣīṇāṁ ca nāradaḥ
gandharvāṇāṁ citrarathaḥ
siddhānāṁ kapilo muniḥ

Synonyms

aśvatthaḥ — der Banyanbaum; sarva-vṛkṣāṇām — von allen Bäumen; deva-ṛṣīṇām — von allen Weisen unter den Halbgöttern; ca — und; nāradaḥ — Nārada; gandharvāṇām — von den Bewohnern des Gandharva-Planeten; citrarathaḥ — Citraratha; siddhānām — von all denen, die die Vollkommenheit erreicht haben; kapilaḥ muniḥ — Kapila Muni.

Translation

Von allen Bäumen bin Ich der Banyanbaum, und von den Weisen unter den Halbgöttern bin Ich Nārada. Von den Gandharvas bin Ich Citraratha, und von den vollkommenen Wesen bin Ich der Weise Kapila.

Purport

ERLÄUTERUNG: Der Banyanbaum (aśvattha) ist einer der höchsten und schönsten Bäume, und viele Menschen in Indien verehren ihn täglich während ihrer morgendlichen Rituale. Von den Halbgöttern verehren sie auch Nārada, der als der größte Gottgeweihte im Universum gilt und somit Kṛṣṇas Repräsentant als Gottgeweihter ist. Der Planet der Gandharvas wird von Wesen bewohnt, die wunderschön singen können, und unter ihnen ist Citraratha der beste Sänger. Unter den vollkommenen Lebewesen ist Kapila, der Sohn Devahūtis, eine Repräsentation Kṛṣṇas. Er wird zu den Inkarnationen Kṛṣṇas gezählt, und Seine Philosophie wird im Śrīmad-Bhāgavatam beschrieben. Später wurde ein anderer Kapila berühmt, der jedoch eine atheistische Philosophie vertrat. Zwischen diesen beiden Kapilas besteht also ein gewaltiger Unterschied.

Text

uccaiḥśravasam aśvānāṁ
viddhi mām amṛtodbhavam
airāvataṁ gajendrāṇāṁ
narāṇāṁ ca narādhipam

Synonyms

uccaiḥśravasam — Uccaiḥśravā; aśvānām — unter den Pferden; viddhi — wisse; mām — Mich; amṛta-udbhavam — durch das Quirlen des Ozeans hervorgebracht; airāvatam — Airāvata; gaja-indrāṇām — von den Elefantenfürsten; narāṇām — unter den Menschen; ca — und; nara-adhipam — der König.

Translation

Wisse, von den Pferden bin Ich Uccaiḥśravā, der aus dem Ozean geboren wurde, als dieser um der Erzeugung von Nektar willen gequirlt wurde. Von den Elefantenfürsten bin Ich Airāvata, und unter den Menschen bin Ich der Monarch.

Purport

ERLÄUTERUNG: Die gottgeweihten Halbgötter und die Dämonen (asuras) quirlten einst gemeinsam das Meer. Durch dieses Quirlen wurden Nektar und Gift erzeugt, und Śiva trank das Gift. Aus dem Nektar wurden viele Wesen hervorgebracht, und eines von ihnen war ein Pferd namens Uccaiḥśravā. Ein anderes Tier, das aus dem Nektar erzeugt wurde, war ein Elefant namens Airāvata. Weil diese beiden Tiere aus dem Nektar erzeugt wurden, kommt ihnen eine besondere Bedeutung zu, und sie sind Repräsentanten Kṛṣṇas.

Unter den Menschen ist der König der Repräsentant Kṛṣṇas, denn Kṛṣṇa ist der Erhalter des Universums, und die Könige, die aufgrund ihrer gottesfürchtigen Eigenschaften in ihr Amt eingesetzt wurden, sind die Erhalter ihres Königreichs. Könige wie Mahārāja Yudhiṣṭhira, Mahārāja Parīkṣit und Śrī Rāma waren in höchstem Maße fromme Könige, die ständig auf das Wohl der Bürger bedacht waren. Gemäß den vedischen Schriften gilt der König als Repräsentant Gottes. Im jetzigen Zeitalter jedoch ist mit dem Niedergang der religiösen Prinzipien allmählich auch die Monarchie verfallen und ist nun schließlich sogar abgeschafft worden. Es ist jedoch eine Tatsache, daß die Menschen in der Vergangenheit unter der Herrschaft rechtschaffener Könige glücklicher waren.

Text

āyudhānām ahaṁ vajraṁ
dhenūnām asmi kāma-dhuk
prajanaś cāsmi kandarpaḥ
sarpāṇām asmi vāsukiḥ

Synonyms

āyudhānām — von allen Waffen; aham — Ich bin; vajram — der Donnerkeil; dhenūnām — von den Kühen; asmi — Ich bin; kāma-dhuk — die surabhi-Kuh; prajanaḥ — die Ursache der Zeugung von Kindern; ca — und; asmi — Ich bin; kandarpaḥ — Cupido; sarpāṇām — von den Schlangen; asmi — Ich bin; vāsukiḥ — Vāsuki.

Translation

Von den Waffen bin Ich der Donnerkeil; von den Kühen bin Ich die surabhi. Von den Ursachen der Zeugung bin Ich Kandarpa, der Liebesgott, und von den Schlangen bin Ich Vāsuki.

Purport

ERLÄUTERUNG: Der Donnerkeil, der in der Tat eine gewaltige Waffe ist, repräsentiert Kṛṣṇas Macht. Auf Kṛṣṇaloka in der spirituellen Welt gibt es Kühe, die jederzeit gemolken werden können und soviel Milch geben, wie man möchte. Natürlich findet man solche Kühe nicht in der materiellen Welt, aber nach Aussage der Schriften findet man sie auf Kṛṣṇaloka. Der Herr besitzt viele solche Kühe, die surabhi genannt werden, und in den Schriften wird erklärt, daß Er damit beschäftigt ist, diese surabhi-Kühe zu hüten. Kandarpa ist der sexuelle Wunsch, gute Söhne zu zeugen; deshalb ist Kandarpa der Repräsentant Kṛṣṇas. Manchmal wird Geschlechtsverkehr nur um der Sinnenbefriedigung willen betrieben; solcher Geschlechtsverkehr repräsentiert Kṛṣṇa nicht. Aber Geschlechtsverkehr zur Zeugung guter Nachkommenschaft wird Kandarpa genannt und repräsentiert Kṛṣṇa.

Text

anantaś cāsmi nāgānāṁ
varuṇo yādasām aham
pitṝṇām aryamā cāsmi
yamaḥ saṁyamatām aham

Synonyms

anantaḥ — Ananta; ca — auch; asmi — Ich bin; nāgānām — von den vielköpfigen Schlangen; varuṇaḥ — der Halbgott, der das Wasser beherrscht; yādasām — von allen Wasserlebewesen; aham — Ich bin; pitṛṇām — von den Vorfahren; aryamā — Aryamā; ca — auch; asmi — Ich bin; yamaḥ — der Herrscher des Todes; saṁyamatām — von allen Regulierenden; aham — Ich bin.

Translation

Von den vielköpfigen Nāgas bin Ich Ananta, und unter den Wasserlebewesen bin Ich der Halbgott Varuṇa. Von den verstorbenen Vorfahren bin Ich Aryamā, und von den Rechtsprechern bin Ich Yama, der Herr des Todes.

Purport

ERLÄUTERUNG: Von den vielköpfigen Nāga-Schlangen ist Ananta die größte, und von den Wasserlebewesen ist der Halbgott Varuṇa das Oberhaupt. Beide repräsentieren Kṛṣṇa. Des weiteren gibt es einen Planeten der Pitās oder Vorväter, über den Aryamā herrscht, und auch er ist ein Repräsentant Kṛṣṇas. Es gibt viele Lebewesen, die Übeltäter bestrafen, und von ihnen ist Yama das Oberhaupt. Er residiert auf einem Planeten in der Nähe der Erde. Diejenigen, die ein sehr sündhaftes Leben geführt haben, werden nach dem Tode dort hingebracht, und Yama verhängt verschiedene Strafen über sie.

Text

prahlādaś cāsmi daityānāṁ
kālaḥ kalayatām aham
mṛgāṇāṁ ca mṛgendro ’haṁ
vainateyaś ca pakṣiṇām

Synonyms

prahlādaḥ — Prahlāda; ca — auch; asmi — Ich bin; daityānām — von den Dämonen; kālaḥ — Zeit; kalayatām — von den Bezwingern; aham — Ich bin; mṛgāṇām — von den Tieren; ca — und; mṛga-indraḥ — der Löwe; aham — Ich bin; vainateyaḥ — Garuḍa; ca — auch; pakṣiṇām — von den Vögeln.

Translation

Von den Daitya-Dämonen bin Ich der hingegebene Prahlāda, unter den Bezwingern bin Ich die Zeit, unter den wilden Tieren bin Ich der Löwe, und unter den Vögeln bin Ich Garuḍa.

Purport

ERLÄUTERUNG: Diti und Aditi sind Schwestern. Die Söhne Aditis werden Ādityas genannt, und die Söhne Ditis werden Daityas genannt. Alle Ādityas sind Geweihte des Herrn, und alle Daityas sind Atheisten. Obwohl Prahlāda in der Familie der Daityas geboren wurde, war er von Kindheit an ein großer Gottgeweihter. Wegen seines hingebungsvollen Dienstes und seiner Gottergebenheit gilt er als Repräsentant Kṛṣṇas.

Es gibt viele bezwingende Prinzipien, doch die Zeit läßt alle Dinge im materiellen Universum vergehen und repräsentiert daher Kṛṣṇa. Von den vielen Tieren ist der Löwe das mächtigste und wildeste, und unter den Vögeln, von denen es eine Million Arten gibt, ist Garuḍa, der Träger Śrī Viṣṇus, der bedeutendste.

Text

pavanaḥ pavatām asmi
rāmaḥ śastra-bhṛtām aham
jhaṣāṇāṁ makaraś cāsmi
srotasām asmi jāhnavī

Synonyms

pavanaḥ — der Wind; pavatām — von allem, was reinigt; asmi — Ich bin; rāmaḥ — Rāma; śastra-bhṛtām — von den Waffenträgern; aham — Ich bin; jhaṣāṇām — von allen Fischen; makaraḥ — der Hai; ca — auch; asmi — Ich bin; srotasām — von den strömenden Flüssen; asmi — Ich bin; jāhnavī — der Ganges.

Translation

Von den reinigenden Kräften bin Ich der Wind, von den Waffenträgern bin Ich Rāma, von den Fischen bin Ich der Hai, und von den strömenden Flüssen bin Ich der Ganges.

Purport

ERLÄUTERUNG: Von allen Wassertieren ist der Hai eines der größten und für den Menschen sicherlich das gefährlichste. Folglich repräsentiert der Hai Kṛṣṇa.

Text

sargāṇām ādir antaś ca
madhyaṁ caivāham arjuna
adhyātma-vidyā vidyānāṁ
vādaḥ pravadatām aham

Synonyms

sargāṇām — von allen Schöpfungen; ādiḥ — der Anfang; antaḥ — Ende; ca — und; madhyam — Mitte; ca — auch; eva — gewiß; aham — Ich bin; arjuna — o Arjuna; adhyātma-vidyā — spirituelles Wissen; vidyānām — von aller Bildung; vādaḥ — die natürliche Schlußfolgerung; pravadatām — von den Argumenten; aham — Ich bin.

Translation

Von allen Schöpfungen bin Ich der Anfang, das Ende und auch die Mitte, o Arjuna. Von allen Wissenschaften bin Ich die spirituelle Wissenschaft des Selbst, und unter den Logikern bin Ich die schlüssige Wahrheit.

Purport

ERLÄUTERUNG: Von den erschaffenen Manifestationen ist die erste die Schöpfung der Gesamtheit der materiellen Elemente. Wie bereits erklärt, wird die kosmische Manifestation von Mahā-viṣṇu, Garbhodaka- śāyī Viṣṇu und Kṣīrodaka-śāyī Viṣṇu erschaffen und gelenkt, um dann von Śiva vernichtet zu werden. Brahmā ist ein untergeordneter Schöpfer. All diese Ausführenden von Schöpfung, Erhaltung und Vernichtung sind Inkarnationen der materiellen Eigenschaften des Höchsten Herrn. Folglich ist Er der Anfang, die Mitte und das Ende aller Schöpfung.

Es gibt verschiedene Arten von Büchern des Wissens, die für die höhere Bildung des Menschen bestimmt sind, wie zum Beispiel die vier Veden, ihre sechs Ergänzungsschriften, das Vedānta-sūtra, Bücher über Logik, Bücher über Religiosität und die Purāṇas. Insgesamt werden diese Bücher der Bildung also vierzehnfach unterteilt. Von ihnen ist das Buch, das adhyātma-vidyā, spirituelles Wissen, lehrt – insbesondere das Vedānta-sūtra –, eine Repräsentation Kṛṣṇas.

Logiker gebrauchen verschiedene Arten von Argumenten. Sein eigenes Argument mit Beweisen zu erhärten, die auch die Gegenseite unterstützen, wird jalpa genannt. Der Versuch, einfach nur die Gegenseite zu widerlegen, wird vitaṇḍā genannt. Die eigentliche Schlußfolgerung jedoch heißt vāda. Diese schlüssige Wahrheit ist eine Repräsentation Kṛṣṇas.

Text

akṣarāṇām a-kāro ’smi
dvandvaḥ sāmāsikasya ca
aham evākṣayaḥ kālo
dhātāhaṁ viśvato-mukhaḥ

Synonyms

akṣarāṇām — von den Buchstaben; a-kāraḥ — der erste Buchstabe; asmi — Ich bin; dvandvaḥ — das doppelte; sāmāsikasya — von den zusammengesetzten Wörtern; ca — und; aham — Ich bin; eva — gewiß; akṣayaḥ — ewige; kālaḥ — Zeit; dhātā — der Schöpfer; aham — Ich bin; viśvataḥ-mukhaḥ — Brahmā.

Translation

Von den Buchstaben bin Ich der Buchstabe A, und von den zusammengesetzten Wörtern bin Ich das Doppelwort. Ich bin die unerschöpfliche Zeit, und von den Schöpfern bin Ich Brahmā.

Purport

ERLÄUTERUNG: A-kāra, der erste Buchstabe des Sanskritalphabets, ist der Anfang der vedischen Literatur. Ohne den a-kāra kann nichts ausgesprochen werden; deshalb ist er der Anfang allen Klangs. Im Sanskrit gibt es auch viele zusammengesetzte Wörter, von denen das Doppelwort, wie rāma-kṛṣṇa, dvandva genannt wird. In diesem Kompositum haben die Wörter rāma und kṛṣṇa den gleichen Rang, und deshalb werden sie dual genannt.

Unter allen todbringenden Kräften ist die Zeit die stärkste, denn die Zeit tötet alles. Die Zeit ist der Repräsentant Kṛṣṇas, denn zu gegebener Zeit wird ein großes Feuer alles vernichten.

Von allen Lebewesen, die mit Schöpfungsaufgaben betraut sind, ist Brahmā, der vier Köpfe hat, das Oberhaupt. Deshalb ist er ein Repräsentant des Höchsten Herrn, Kṛṣṇa.

Text

mṛtyuḥ sarva-haraś cāham
udbhavaś ca bhaviṣyatām
kīrtiḥ śrīr vāk ca nārīṇāṁ
smṛtir medhā dhṛtiḥ kṣamā

Synonyms

mṛtyuḥ — der Tod; sarva-haraḥ — allesverschlingend; ca — auch; aham — Ich bin; udbhavaḥ — Erzeugung; ca — auch; bhaviṣyatām — zukünftiger Manifestationen; kīrtiḥ — Ruhm; śrīḥ — Reichtum oder Schönheit; vāk — erlesene Sprache; ca — auch; nārīṇām — von den Frauen; smṛtiḥ — Gedächtnis; medhā — Intelligenz; dhṛtiḥ — Standhaftigkeit; kṣamā — Geduld.

Translation

Ich bin der allesverschlingende Tod, und Ich bin das erzeugende Prinzip von allem, was in der Zukunft existieren wird. Unter den Frauen bin Ich Ruhm, Glück, erlesene Sprache, Gedächtnis, Intelligenz, Standhaftigkeit und Geduld.

Purport

ERLÄUTERUNG: Sowie ein Mensch geboren wird, stirbt er mit jedem Augenblick. Somit verschlingt der Tod jedes Lebewesen mit jedem Augenblick, doch erst der letzte Schlag wird als der eigentliche Tod bezeichnet. Dieser Tod ist Kṛṣṇa. Die Zukunft aller Lebewesen sieht gleich aus; sie alle sind sechs Wandlungen unterworfen: Sie werden geboren, sie wachsen heran, sie bleiben eine Zeitlang bestehen, sie pflanzen sich fort, sie schwinden dahin, und schließlich vergehen sie. Die erste dieser Wandlungen ist die Befreiung aus dem Mutterleib, und das ist Kṛṣṇa. Die Zeugung ist der Anfang aller zukünftigen Tätigkeiten.

Die sieben hier aufgeführten Eigenschaften – Ruhm, Glück, erlesene Sprache, Erinnerungsvermögen, Intelligenz, Standhaftigkeit und Geduld – gelten als weiblich. Wenn jemand sie alle oder zumindest einige von ihnen besitzt, gelangt er dadurch zu Ruhm. Wenn zum Beispiel jemand für seine Rechtschaffenheit bekannt ist, so ist dies die Ursache seines Ruhms. Sanskrit ist eine vollkommene Sprache und ist daher sehr ruhmreich. Wenn man sich nach dem Studium eines Themas an den Inhalt erinnern kann, ist man mit gutem Erinnerungsvermögen (smṛti) ausgestattet. Und die Fähigkeit, nicht nur viele Bücher über verschiedene Themen zu lesen, sondern sie zu verstehen und, wenn nötig, auch anzuwenden, wird Intelligenz (medhā) genannt und ist ebenfalls eine der obengenannten Eigenschaften. Die Fähigkeit, Unsicherheit zu überwinden, wird Festigkeit oder Standhaftigkeit (dhṛti) genannt. Und jemand, der demütig und bescheiden bleibt, obwohl er mit allen guten Eigenschaften ausgestattet ist, und der in der Lage ist, sowohl in Kummer als auch in großer Freude seine Fassung zu bewahren, besitzt die Eigenschaft der Geduld (kṣamā).

Text

bṛhat-sāma tathā sāmnāṁ
gāyatrī chandasām aham
māsānāṁ mārga-śīrṣo ’ham
ṛtūnāṁ kusumākaraḥ

Synonyms

bṛhat-sāma — der Bṛhat-sāma; tathā — auch; sāmnām — der Lieder des Sāma Veda; gāyatrī — die Gāyatrī-Hymnen; chandasām — von aller Dichtung; aham — Ich bin; māsānām — von den Monaten; mārga-śīrṣaḥ — der Monat November-Dezember; aham — Ich bin; ṛtūnām — von allen Jahreszeiten; kusuma-ākaraḥ — der Frühling.

Translation

Von den Hymnen im Sāma Veda bin Ich der Bṛhat-sāma, und von aller Dichtung bin Ich der Gāyatrī. Von den Monaten bin Ich Mārgaśīrṣa [November-Dezember], und von den Jahreszeiten bin Ich der blumenreiche Frühling.

Purport

ERLÄUTERUNG: Der Herr hat bereits erklärt, daß Er von allen Veden der Sāma Veda ist. Der Sāma Veda ist reich an erlesenen Liedern, die von den verschiedenen Halbgöttern gesungen werden. Eines dieser Lieder ist der Bṛhat-sāma, der eine wunderschöne Melodie hat und um Mitternacht gesungen wird.

Im Sanskrit gibt es genau festgelegte Regeln für die Dichtkunst. Reim und Metrum werden nicht willkürlich verwendet, wie es in der modernen Dichtkunst üblich ist. In der klassischen Poesie ist der Gāyatrī-mantra, der von den wahrhaft qualifizierten brāhmaṇas gechantet wird, am bedeutendsten. Der Gāyatrī-mantra wird im Śrīmad-Bhāgavatam erwähnt. Weil der Gāyatrī-mantra insbesondere zur Erkenntnis Gottes bestimmt ist, repräsentiert er den Höchsten Herrn. Dieser mantra ist für spirituell fortgeschrittene Menschen bestimmt, und wenn man ihn mit Erfolg chantet, kann man auf die transzendentale Ebene des Herrn gelangen. Um den Gāyatrī-mantra chanten zu können, muß man zunächst die Eigenschaften eines vollkommenen Menschen erwerben, das heißt die Eigenschaften der Tugend in Übereinstimmung mit den Gesetzen der materiellen Natur. Der Gāyatrī-mantra spielt in der vedischen Zivilisation eine bedeutende Rolle und gilt als die Klanginkarnation des Brahman. Brahmā war der erste, der diesen mantra empfing, und von ihm wurde er in der Schülernachfolge herabgereicht.

Der Monat November-Dezember gilt als der beste aller Monate, da in Indien zu dieser Zeit die Getreidefelder abgeerntet werden und die Menschen infolgedessen sehr glücklich sind. Natürlich ist der Frühling überall beliebt, weil es in dieser Jahreszeit weder zu heiß noch zu kalt ist und weil die Blumen und Bäume sprießen und blühen. Im Frühling werden auch viele Zeremonien zum Gedenken an Kṛṣṇas Spiele abgehalten; deshalb gilt er als die erfreulichste aller Jahreszeiten und repräsentiert somit den Höchsten Herrn, Kṛṣṇa.

Text

dyūtaṁ chalayatām asmi
tejas tejasvinām aham
jayo ’smi vyavasāyo ’smi
sattvaṁ sattvavatām aham

Synonyms

dyūtam — Glücksspiel; chalayatām — von allem Betrug; asmi — Ich bin; tejaḥ — die Pracht; tejasvinām — von allem Prachtvollen; aham — Ich bin; jayaḥ — Sieg; asmi — Ich bin; vyavasāyaḥ — Wagnis oder Abenteuer; asmi — Ich bin; sattvam — die Stärke; sattva-vatām — der Starken; aham — Ich bin.

Translation

Von allem Betrug bin Ich das Glücksspiel, und von allem Prachtvollen bin Ich die Pracht. Ich bin der Sieg, Ich bin das Abenteuer, und Ich bin die Stärke der Starken.

Purport

ERLÄUTERUNG: Überall im Universum gibt es viele Arten von Betrügern. Von allem Betrug steht das Glücksspiel an erster Stelle und repräsentiert daher Kṛṣṇa. Weil Kṛṣṇa der Höchste ist, ist Er ein besserer Betrüger als jeder gewöhnliche Mensch. Wenn Kṛṣṇa jemanden betrügen möchte, kann Ihn niemand in Seinem Betrug übertreffen. Seine Größe ist nicht einseitig, sondern unbegrenzt vielseitig.

Unter den Siegern ist Er der Sieg. Er ist die Pracht des Prachtvollen. Unter den Kühnen und Fleißigen ist Er der Kühnste und Fleißigste. Unter den Abenteurern ist Er der größte Abenteurer, und unter den Starken ist Er der Stärkste. Als Kṛṣṇa auf der Erde gegenwärtig war, konnte Ihn niemand an Stärke übertreffen. Bereits in Seiner Kindheit hob Er den Govardhana-Hügel hoch. Niemand kann Ihn im Betrügen übertreffen; niemand kann Ihn an Pracht übertreffen; niemand kann Seine Siege übertreffen; niemand kann Seinen Wagemut übertreffen, und niemand kann Ihn an Stärke übertreffen.

Text

vṛṣṇīnāṁ vāsudevo ’smi
pāṇḍavānāṁ dhanañ-jayaḥ
munīnām apy ahaṁ vyāsaḥ
kavīnām uśanā kaviḥ

Synonyms

vṛṣṇīnām — der Nachkommen Vṛṣṇis; vāsudevaḥ — Kṛṣṇa in Dvārakā; asmi — Ich bin; pāṇḍavānām — der Pāṇḍavas; dhanam-jayaḥ — Arjuna; munīnām — der Weisen; api — auch; aham — Ich bin; vyāsaḥ — Vyāsa, der Verfasser aller vedischen Schriften; kavīnām — von allen großen Denkern; uśanā — Uśanā; kaviḥ — der Denker.

Translation

Von den Nachkommen Vṛṣṇis bin Ich Vāsudeva, und von den Pāṇḍavas bin Ich Arjuna. Von den Weisen bin Ich Vyāsa, und unter den großen Denkern bin Ich Uśanā.

Purport

ERLÄUTERUNG: Kṛṣṇa ist die ursprüngliche Höchste Persönlichkeit Gottes, und Baladeva ist Kṛṣṇas unmittelbare Erweiterung. Sowohl Kṛṣṇa als auch Baladeva erschienen als Söhne Vasudevas; deshalb können beide Vāsudeva genannt werden. Da andererseits Kṛṣṇa niemals Vṛndāvana verläßt, sind alle Formen Kṛṣṇas, die woanders erscheinen, Seine Erweiterungen. Da Vāsudeva Kṛṣṇas unmittelbare Erweiterung ist, ist Er nicht verschieden von Kṛṣṇa. Der Vāsudeva, auf den sich dieser Vers der Bhagavad-gītā bezieht, ist Baladeva, auch Balarāma genannt, denn Er ist die ursprüngliche Quelle aller Inkarnationen und somit der alleinige Ursprung Vāsudevas. Die unmittelbaren Erweiterungen des Herrn heißen svāṁśa (persönliche Erweiterungen), und es gibt auch Erweiterungen, die vibhinnāṁśa (getrennte Erweiterungen) genannt werden.

Unter den Söhnen Pāṇḍus ist Arjuna, der auch Dhanañjaya genannt wird, besonders berühmt. Er ist der beste unter den Menschen und repräsentiert daher Kṛṣṇa. Unter den munis, den Gelehrten des vedischen Wissens, ist Vyāsa der bedeutendste, weil er das vedische Wissen auf viele verschiedene Arten erklärt hat, damit es die Menschen im gegenwärtigen Zeitalter des Kali verstehen können. Vyāsa ist auch als Inkarnation Kṛṣṇas bekannt und repräsentiert deshalb ebenfalls Kṛṣṇa. Das Wort kavi bezieht sich auf diejenigen, die in der Lage sind, über jedes Thema gründlich nachzudenken. Der kavi Uśanā, Śukrācārya, war der spirituelle Meister der Dämonen und ein äußerst intelligenter und weitsichtiger Politiker. Somit ist Śukrācārya ein weiterer Repräsentant der Füllen Kṛṣṇas.

Text

daṇḍo damayatām asmi
nītir asmi jigīṣatām
maunaṁ caivāsmi guhyānāṁ
jñānaṁ jñānavatām aham

Synonyms

daṇḍaḥ — Bestrafung; damayatām — von allen Mitteln der Bekämpfung; asmi — Ich bin; nītiḥ — Moral; asmi — Ich bin; jigīṣatām — von denjenigen, die sich um Sieg bemühen; maunam — Schweigen; ca — und; eva — auch; asmi — Ich bin; guhyānām — von den Geheimnissen; jñānam — Wissen; jñāna-vatām — von den Weisen; aham — Ich bin.

Translation

Unter allen Mitteln, um Gesetzlosigkeit zu bekämpfen, bin Ich die Bestrafung, und in denjenigen, die nach Sieg streben, bin Ich die Moral. Von den Geheimnissen bin Ich das Schweigen, und von den Weisen bin Ich die Weisheit.

Purport

ERLÄUTERUNG: Es gibt viele Mittel, um Gesetzlosigkeit zu bekämpfen, und die wichtigsten von ihnen sind diejenigen, die Übeltäter bestrafen. Wenn Übeltäter bestraft werden, repräsentiert das Mittel der Bestrafung Kṛṣṇa. Für diejenigen, die versuchen, in einem bestimmten Tätigkeitsbereich siegreich zu sein, ist Moral das siegreichste Element. Unter den vertraulichen Tätigkeiten des Hörens, Denkens und Meditierens ist Schweigen am wichtigsten, denn durch Schweigen kann man sehr schnell Fortschritt machen. Der Weise ist derjenige, der zwischen materieller und spiritueller Energie, zwischen Gottes höherer und niederer Natur, unterscheiden kann. Solches Wissen ist Kṛṣṇa Selbst.

Text

yac cāpi sarva-bhūtānāṁ
bījaṁ tad aham arjuna
na tad asti vinā yat syān
mayā bhūtaṁ carācaram

Synonyms

yat — was auch immer; ca — ebenfalls; api — sein mag; sarva-bhūtānām — von allen Schöpfungen; bījam — Same; tat — das; aham — Ich bin; arjuna — o Arjuna; na — nicht; tat — das; asti — es gibt; vinā — ohne; yat — welches; syāt — existiert; mayā — Mich; bhūtam — erschaffenes Wesen; cara-acaram — beweglich und unbeweglich.

Translation

Des weiteren, o Arjuna, bin Ich der ursprüngliche Same aller Schöpfungen. Es gibt kein Geschöpf – ob beweglich oder unbeweglich –, das ohne Mich existieren kann.

Purport

ERLÄUTERUNG: Alles hat eine Ursache, und die Ursache oder der Same aller Manifestationen ist Kṛṣṇa. Ohne Kṛṣṇas Energie kann nichts existieren; deshalb wird Er als allmächtig bezeichnet. Ohne Seine Energie können weder die sich bewegenden noch die sich nicht bewegenden Lebewesen existieren. Alles, was nicht auf Kṛṣṇas Energie gründet, wird māyā genannt, „das, was nicht ist“.

Text

nānto ’sti mama divyānāṁ
vibhūtīnāṁ paran-tapa
eṣa tūddeśataḥ prokto
vibhūter vistaro mayā

Synonyms

na — nicht; antaḥ — eine Grenze; asti — es gibt; mama — Meiner; divyānām — der göttlichen; vibhūtīnām — Füllen; param-tapa — o Bezwinger der Feinde; eṣaḥ — all dies; tu — aber; uddeśataḥ — als Beispiele; proktaḥ — gesprochen; vibhūteḥ — der Füllen; vistaraḥ — das Ausmaß; mayā — von Mir.

Translation

O mächtiger Bezwinger der Feinde, Meine göttlichen Manifestationen haben kein Ende. Was Ich dir beschrieben habe, ist nur ein kleiner Hinweis auf Meine unendlichen Füllen.

Purport

ERLÄUTERUNG: Wie es in den vedischen Schriften heißt, kennen die Füllen und Energien des Höchsten keine Grenzen, obwohl sie auf verschiedene Weise verstanden werden; deshalb können niemals alle Füllen und Energien erklärt werden. Kṛṣṇa zählt nur einige Beispiele auf, um Arjunas Wißbegierde zu befriedigen.

Text

yad yad vibhūtimat sattvaṁ
śrīmad ūrjitam eva vā
tat tad evāvagaccha tvaṁ
mama tejo-’ṁśa-sambhavam

Synonyms

yat yat — welche auch immer; vibhūti — Füllen; mat — besitzend; sattvam — Existenz; śrīmat — herrlich; ūrjitam — glorreich; eva — gewiß; — oder; tat tat — all diese; eva — gewiß; avagaccha — mußt wissen; tvam — du; mama — Meiner; tejaḥ — der Pracht; aṁśa — ein Teil; sambhavam — geboren aus.

Translation

Wisse, daß alle majestätischen, schönen und herrlichen Schöpfungen nur einem Funken Meiner Pracht entspringen.

Purport

ERLÄUTERUNG: Jede herrliche oder besonders schöne Schöpfung sollte – ob in der spirituellen oder materiellen Welt – als nichts weiter als eine fragmentarische Manifestation von Kṛṣṇas Füllen betrachtet werden. Alles, was mit außergewöhnlichen Füllen ausgestattet ist, sollte als eine Repräsentation von Kṛṣṇas Füllen erachtet werden.

Text

atha vā bahunaitena
kiṁ jñātena tavārjuna
viṣṭabhyāham idaṁ kṛtsnam
ekāṁśena sthito jagat

Synonyms

atha — oder; bahunā — viele; etena — von dieser Art; kim — was; jñātena — durch Wissen; tava — dein; arjuna — o Arjuna; viṣṭabhya — durchdringend; aham — Ich; idam — dieses; kṛtsnam — gesamte; eka — mit einem; aṁśena — Teil; sthitaḥ — befinde Mich; jagat — Universum.

Translation

Doch wozu, o Arjuna, ist all dieses detaillierte Wissen notwendig? Mit einem einzigen Bruchteil Meinerselbst durchdringe und erhalte Ich das gesamte Universum.

Purport

ERLÄUTERUNG: Der Höchste Herr ist in allen materiellen Universen gegenwärtig, indem Er als Überseele in alle Dinge eingeht. Der Herr erklärt Arjuna hier, daß es nicht notwendig sei, die Fülle und Pracht einzelner Manifestationen separat zu verstehen. Arjuna sollte verstehen, daß alle Manifestationen nur existieren können, weil Kṛṣṇa als Überseele in sie eingeht. Alle Lebewesen, angefangen von Brahmā, dem gigantischsten Geschöpf, bis hinunter zur kleinsten Ameise, existieren nur, weil der Herr in sie eingegangen ist und sie alle erhält.

Es gibt eine Missionsgesellschaft, die den Standpunkt vertritt, daß man durch die Verehrung eines beliebigen Halbgottes die Höchste Persönlichkeit Gottes bzw. das höchste Ziel erreiche. Hier jedoch wird die Verehrung der Halbgötter von Grund auf mißbilligt, da selbst die größten Halbgötter, wie Brahmā und Śiva, nur einen Teil der Füllen des Höchsten Herrn repräsentieren. Er ist der Ursprung von jedem, der geboren wird, und niemand ist größer als Er. Er ist asamaurdhva, das heißt, niemand kann Ihn übertreffen oder Ihm gleichkommen. Im Padma Purāṇa heißt es, daß jemand, der den Höchsten Herrn, Kṛṣṇa, mit den Halbgöttern gleichsetzt – selbst wenn es sich um Brahmā oder Śiva handelt –, auf der Stelle zum Atheisten wird. Wenn man jedoch die verschiedenen Beschreibungen der Füllen und Erweiterungen von Kṛṣṇas Energie gründlich studiert, kann man ohne jeden Zweifel die Stellung des Herrn, Śrī Kṛṣṇa, verstehen, und seinen Verstand ohne Abweichung auf die Verehrung Kṛṣṇas richten. In Seinem Aspekt der Überseele, der Erweiterung Seiner Teilrepräsentation, die in alles Existierende eingeht, ist der Herr alldurchdringend. Reine Gottgeweihte konzentrieren daher ihre Gedanken im Kṛṣṇa-Bewußtsein völlig auf den hingebungsvollen Dienst. So ist es ihnen möglich, ständig auf der transzendentalen Ebene zu bleiben. In den Versen 8 bis 11 dieses Kapitels findet man eine sehr klare Beschreibung von hingebungsvollem Dienst und der Verehrung Kṛṣṇas. Das ist der Pfad des reinen hingebungsvollen Dienstes. Wie man die höchste Vollkommenheit der Hingabe, Gemeinschaft mit der Höchsten Persönlichkeit Gottes, erreichen kann, ist in diesem Kapitel ausführlich erklärt worden. Śrīla Baladeva Vidyābhūṣaṇa, ein bedeutender ācārya in der Schülernachfolge, die von Kṛṣṇa ausgeht, schreibt zum Abschluß seines Kommentares zu diesem Kapitel:

yac-chakti-leśāt sūryādyā
bhavanty aty-ugra-tejasaḥ
yad-aṁśena dhṛtaṁ viśvaṁ
sa kṛṣṇo daśame ’rcyate

Von Śrī Kṛṣṇas mächtiger Energie bezieht selbst die mächtige Sonne ihre Macht, und die ganze Welt wird durch Kṛṣṇas Teilerweiterung erhalten. Deshalb ist Śrī Kṛṣṇa verehrenswert.

Hiermit enden die Bhaktivedanta-Erläuterungen zum Zehnten Kapitel der Śrīmad Bhagavad-gītā mit dem Titel: „Die Füllen des Absoluten“.